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09.09.2021 - Statement von Oberbürgermeister Markus Ibert Zu den Erweiterungsplänen der Vogel-Bau GmbH / Kiesabbau Waldmattensee

Plan der „Erweiterung Kiesabbau Waldmattensee“; rosa umrandet: aktuell im Regionalplan vorgesehene Erweiterungsfläche von 6,75 ha, blau umrandet: vorgeschlagene Prüffläche von 2 ha. Es handelt sich um ein Grobkonzept, kleinere Abweichungen sind möglich.
Plan der „Erweiterung Kiesabbau Waldmattensee“; rosa umrandet: aktuell im Regionalplan vorgesehene Erweiterungsfläche von 6,75 ha, blau umrandet: vorgeschlagene Prüffläche von 2 ha. Es handelt sich um ein Grobkonzept, kleinere Abweichungen sind möglich.
Quelle: Stadt Lahr
Mit Schreiben vom 29.07.2021 an den Regionalverband Südlicher Oberrhein habe ich mich für die Prüfung einer Westerweiterung (2 ha) des Kiesabbaus im Waldmattensee ausgesprochen – anstelle der bisher vorgesehenen, sehr flächenintensiven Osterweiterung (6.75 ha) ab dem Jahr 2030ff. Der NABU Lahr hat hierauf am 05.08.2021 mit einer Pressemitteilung reagiert.

Verfolgt man ab dem Jahr 2030 den bisher im Regionalplan festgelegten Zuschnitt des Abbaugebiets, wird einem verhältnismäßig schlechten Abbauvolumen pro Quadratmeter der Vorzug gegeben. Die Eingriffsfläche ist somit aufgrund der an dieser Stelle abgeknickten Grundform des Gewässers um ein Vielfaches größer als notwendig. Es kann nicht Ziel der Naturschutzverbände sein, einem erhöhten Flächenverbrauch Vorschub zu leisten, wenn geeignete Alternativoptionen bestehen und geprüft werden können.

Die aktuell im Regionalplan vorgesehene Erweiterungsfläche von 6,75 ha (landwirtschaftliche Pachtfläche) ist Lebensraum für Kiebitze und Feldlerchen. Das derzeit nicht im Regionalplan als Abbaufläche vorgesehene Waldstück, Vorranggebiet für Naturschutz und Landschaft, umfasst eine Fläche von 2 ha. Mit einem Eingriff an dieser Stelle würde also eine deutliche Minimierung des Flächenverbrauchs einhergehen; zudem würden die Lebensräume der Kiebitze (auf der Roten Liste der IUCN als potentiell gefährdet eingestuft) und Feldlerchen (potentiell gefährdet; im Übrigen NABU-Vogel des Jahres 1998 und 2019) erhalten. Auch der Naturschutzbeauftragte des Ortenaukreises spricht sich ausdrücklich für diese flächenschonendere Lösung aus und hat darum gebeten, dass ich mich hierfür einsetze.

Bedacht werden muss unbedingt auch, dass das betreffende Waldstück Teil eines Bereichs ist, in dem absehbar erhebliche Veränderungen eintreten werden: durch den Ausbau der Rheintalbahn, die Erweiterung der A5 sowie möglicherweise weitere Erschließungsanlagen im Zusammenhang mit der Autobahn. Gerade vor diesem Hintergrund empfiehlt sich schon heute ein weitsichtiges Vorgehen bei der Förderung der dauerhaften Stabilität und Verbindung der umliegenden Naturräume. Dies bei bereits kurz vor der Umsetzung stehenden Projekten nicht mit zu bedenken kann insgesamt sogar einen gegenteiligen Effekt für die mittel- und langfristige Vernetzung der vorhandenen Naturräume haben. Eine abwartende Haltung, die alleinig auf die kommenden Umweltverträglichkeitsprüfungen im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens zum Ausbau der Rheintalbahn und die dann anstehenden Ausgleichsmaßnahmen setzt, wird der skizzierten Ausgangslage nicht gerecht. Vor diesem Hintergrund ist auch die Idee nördlich anschließender Waldbrücken mit Wildkorridorcharakter zu prüfen und nicht einfach abzutun.

Ein erheblicher Belang in der Gesamtbetrachtung muss zudem sein, den Stadtteil Kippenheimweiler vor vermehrtem Immissionsausstoß zu schützen. In dieser Hinsicht habe ich als Oberbürgermeister der Stadt Lahr den deutlichen Auftrag, die Belange der Bürgerinnen und Bürger zu vertreten und die klare Beschlusslage aus dem Ortschaftsrat Kippenheimweiler in den Überlegungen der Verwaltung zu berücksichtigen. Hierzu stehe ich in regelmäßigem Austausch mit dem Ortsvorsteher und den Ortschaftsräten von Kippenheimweiler.

Mein Schreiben vom 29. Juli 2021 ist eine Anregung an den RVSO, auf Verwaltungsebene eine Flächenoptimierung anzudenken. Es handelt sich um eine verwaltungsinterne Vorbereitung auf ein in Bezug auf Form und Inhalt erst noch zu bestimmendes ergebnisoffenes Verfahren. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.

Der RVSO teilt mit seinem Schreiben vom 10. August 2021 die Auffassung, dass die Bedeutung des heutigen Westufers für den Biotopverbund im Zuge der Planungen für den Ausbau der Autobahn A 5 und den autobahnparallelen Neubau der Rheintalbahn sowie der Maßnahmen des Bundes zur Biotopvernetzung mittelfristig neu zu beurteilen sein wird. Derzeit sehe der RVSO die Voraussetzungen für ein Zielabweichungsverfahren nicht als gegeben an. Die neuen Sachverhalte können aber im Rahmen eines in weniger als zehn Jahren anstehenden Verfahrens zur Fortschreibung des Regionalplans ergebnisoffen geprüft werden. Diese Einschätzung deckt sich mit der Intention meines Schreibens vom 29. Juli 2021, eine mittelfristige Änderung des Regionalplans anzuregen mit dem Ziel, anstelle der mittelfristigen Erweiterung nach Osten Richtung Kippenheimweiler eine flächensparendere optimierte Westerweiterung zu den Verkehrsachsen Bahn und Autobahn anzustreben.

Bisher haben weder fachliche Abstimmungen noch Gespräche mit den betroffenen Nachbargemarkungen stattgefunden. In Vorbereitung auf die Fortschreibung des Regionalplans halte ich daher eine breit angelegte, faktenbasierte und weniger emotionsgeladene Gesprächsinitiative für notwendig. Selbstverständlich ist auch der NABU Lahr eingeladen, seine Sichtweise in diese konstruktive Gesamtbetrachtung einzubringen.