Stadt Lahr, Bürger, Familie, Generationen, Leben

Leitbild Miteinanderleben

Im Jahr 2010 hat der Interkulturelle Beirat ein "Leitbild für das Miteinanderleben in Lahr" entwickelt, das am 22. November 2010 einstimmig vom Gemeinderat der Stadt Lahr verabschiedet wurde.
  • In Lahr leben Menschen vieler verschiedener Nationalitäten und alle sind Lahrerinnen und Lahrer.
  • Die bunte Vielfalt der in Lahr vorhandenen Kulturen ist eine wertvolle Bereicherung für das Zusammenleben, denn sie bietet die Chance, voneinander zu lernen. Voraussetzung dafür ist eine Grundhaltung der Toleranz und Akzeptanz.
  • In Unternehmensgründungen durch Migrantinnen und Migranten steckt Potential. Wirtschaftsförderungskonzepte sind eine Chance, diese Potentiale zu erkennen, zu unterstützen und für den lokalen Wirtschaftsstandort zu nutzen.
  • Die Eingliederung in den Arbeitsmarkt hat hohe Priorität. Vor allem in den Bereichen Bildung, Beratung und berufliche Einstiegshilfen müssen geeignete Strategien entwickelt werden, die die Integration ins Berufsleben möglich machen.
  • Alle Bürgerinnen und Bürger wirken bei der politischen Willens- und Meinungsbildung in der Stadt mit und gestalten das Gemeinwesen. Engagierte Bürgerinnen und Bürger sowie Vertreter von Vereinen, Organisationen und Gruppen mit Migrationshintergrund sind wichtige Ansprechpartner und Multiplikatoren.
  • Ein sichtbares Zeichen für ein gutes Miteinander ist der offene, vorurteilslose und gleichberechtigte Umgang miteinander. Die Stadt Lahr wendet sich gegen jegliche Form ethnischer, kultureller oder religiöser Diskriminierung.
  • Zu den Voraussetzungen erfolgreicher Integration gehört es, sich in der deutschen Sprache verständigen zu können und Förderangebote zu nutzen, um am öffentlichen Leben selbstständig teilhaben zu können.
  • Integration bedeutet auch die gleichberechtigte Teilhabe an den zentralen Lebensbereichen unserer Gesellschaft. Dazu zählen die Wirtschafts- und Arbeitswelt, das Bildungs- und Qualifikationssystem, die Nachbarschaften, der politische, soziale und kulturelle Bereich.
  • Erfolgreiche Integration erfordert nicht das Aufgeben der Herkunftskultur und der Muttersprache, sondern vielmehr die Bereitschaft, Verantwortung für das Gelingen der Integration zu übernehmen und offen zu sein für neue Lernprozesse.
  • Gemeinsam aufwachsen, gemeinsam lernen und arbeiten ist Aufgabe aller und erfordert von jedem Einzelnen, Verantwortung für ein lebendiges Miteinander zu übernehmen. Alle Bürgerinnen und Bürger der Stadt Lahr sind Akteure in unserer Gesellschaft und tragen dazu bei, dieses Zusammenleben aktiv zu gestalten.
  • Die Identifikation mit den im Grundgesetz definierten Werten und Normen unserer demokratischen Gesellschaft ist die Grundlage für ein friedliches und respektvolles Zusammenleben der verschiedenen Kulturen in Lahr.

Ein positives Miteinander erfordert den Einsatz vieler Akteure.

Dafür sind Anstrengungen seitens der Kommune, der Kirchen und Glaubensgemeinschaften, der Vereine, Verbände, sonstiger Einrichtungen und Institutionen und aller Menschen, die in Lahr leben, notwendig. Maßgebend ist zum einen die Bereitschaft der Zugewanderten, sich auf ein Leben in unserer Gesellschaft einzulassen, Eigeninitiative zu zeigen und Verantwortung für sich selbst und andere zu übernehmen. Zum anderen werden auf Seiten der einheimischen Bevölkerung Akzeptanz, Toleranz, ziviles Engagement und die Bereitschaft, Menschen mit Migrationshintergrund in Lahr offen zu begegnen, benötigt.

Die Aufgabe der Stadt besteht darin, alle in Lahr lebenden Menschen darin zu unterstützen, ihre Ressourcen in das Zusammenleben einzubringen.

Der Interkulturelle Beirat begleitet die Stadt Lahr dabei.

Seine Aufgaben bestehen in der Förderung des Zusammenlebens unterschiedlicher Kulturen in Lahr, der Interessenvertretung der Migrantinnen und Migranten in Lahr,  der Unterstützung von Informations- und kulturellen Veranstaltungen und der Beratung von Themen, die sich mit Problemen der Migration und Integration beschäftigen.

Der Interkulturelle Beirat setzt sich aus Mitgliedern des Gemeinderats, Vertretern der Migrantinnen und Migranten, sonstigen sachkundigen Einwohnern sowie Vertretern der Stadtverwaltung, der Kirchen, der Freien Wohlfahrtspflege und der Schulen zusammen.

Die Stadt Lahr sieht ihre Rolle im Rahmen der Integrationspolitik von Bund, Land und Kommunen primär in den Bereichen: Vorschulische Erziehung, Bildung und Förderung, schulische Bildung, berufliche Eingliederung und Weiterbildung, der Förderung eines guten Zusammenlebens und des kulturellen Austauschs.

 

Die Schwerpunkte der städtischen Aufgaben mit besonderem Handlungsbedarf sind:

  • Sprachförderung

Die Kenntnis der deutschen Sprache ist entscheidend für die aktive Teilnahme am gesellschaftlichen Leben, die erfolgreiche Teilhabe an Bildungsprozessen sowie in der Arbeitswelt. Zugleich ist die Mehrsprachigkeit von Migrantinnen und Migranten eine wichtige Ressource und im Zeitalter von internationalen Kooperationen eine Chance. Sowohl der Erwerb deutscher Sprachkenntnisse als auch muttersprachlicher Kompetenzen sind allen Altersgruppen zu ermöglichen.

  • Bildung und Freizeitangebote

Zusätzliche Bildungs- und Freizeitangebote für jedes Lebensalter verbessern die persönlichen und beruflichen Kompetenzen, tragen zum Abbau von Benachteiligungen bei und fördern die Begegnung und den Austausch, z.B. im Rahmen der Integrationskurse an der Volkshochschule.

  • Förderung von Familien

Durch die starke Einbindung in Familie, Arbeit und soziale Netze nehmen Eltern mit Migrationshintergrund im Integrationsprozess eine Schlüsselrolle ein und prägen die Integration der nächsten Generation entscheidend. Die Potenziale von Frauen und Männern in ihrer Elternrolle sollen gestärkt werden.

  • Gemeinwesenorientierte Arbeit

Durch alltagsnahe, an den Bedürfnissen und Interessen der Bewohner orientierte Angebote werden Selbsthilfekräfte angeregt. Die Lebensqualität soll durch die aktive Beteiligung der Bewohnerinnen und Bewohner in ihren Wohngebieten gesteigert werden.

  • Jugendsozialarbeit an Schulen und Übergang in den Beruf

Die Stadt Lahr unterstützt insbesondere Kinder und Jugendliche mit dem Ziel, erfolgreiche Bildungskarrieren zu ermöglichen. Sprachliche, soziale und interkulturelle Kompetenzen haben hierbei Schlüsselfunktionen und werden gefördert.

  • Kriminal- und Gewaltprävention

Die kommunale Kriminalprävention hat in Lahr einen hohen Stellenwert. Seit Jahren kooperieren Behörden, Schulen, soziale Einrichtungen und Institutionen und bieten vielfältige Projekte und Präventionsmaßnahmen an.

  • Interkulturelle Öffnung

Im Sinne einer interkulturellen Öffnung von Verwaltung und Institutionen erhöht die Stadt Lahr die Anzahl der Beschäftigten mit Migrationshintergrund und bildet ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Bereich interkultureller Kompetenzen weiter.

  • Zusammenarbeit mit  Migrantenselbstorganisationen und engagierten Migrantinnen und Migranten

Die Anerkennung von Migrantenselbstorganisationen als Akteure der Integrationsarbeit ist eine wichtige Voraussetzung für Integrations- und Partizipationspolitik mit und nicht nur für Migranten. Die Zusammenarbeit mit den in Lahr aktiven Migrantenselbstorganisationen, Initiativen, Kulturgruppen und -vereinen sowie engagierten Migrantinnen und Migranten sollen weiterhin gepflegt und ausgebaut werden.

Im Zeitalter eines vereinten Europas und der zunehmenden Globalisierung werden die Worte Aus- und Einwanderung für immer mehr Menschen zur Realität. Diese Entwicklung ist auch in Lahr deutlich zu spüren, denn hier leben Menschen aus mehr als 100 verschiedenen Nationen. Seit 1994 hat die Stadt rund 10 000 Spätaussiedler und Spätaussiedlerinnen aufgenommen. Der Anteil der Lahrer Bevölkerung mit Migrationshintergrund liegt insgesamt bei 42 Prozent, bei Kindern beträgt er 58 Prozent. Diese Bevölkerungsentwicklung fördert die ethnische und kulturelle Vielfalt in Lahr und stellt die Stadt zugleich vor große Herausforderungen.

Die Stadt Lahr fördert seit mehr als 20 Jahren durch landes- und bundesweit anerkannte Integrationsprojekte ein konfliktfreies und fruchtbares Zusammenleben der verschiedenen Kulturen und leistet vielfältige Hilfestellungen für Menschen mit Migrationshintergrund, um Benachteiligungen abzubauen.

Für viele Menschen ist Lahr bereits zur zweiten Heimat geworden, nicht zuletzt durch die Unterstützung in Kindertagesstätten, in Schulen und bei der Ausbildungs- und Arbeitsplatzsuche.

Trotz der erreichten Erfolge bleibt das Zusammenleben verschiedener Nationalitäten in Lahr auch in Zukunft eine gesellschaftspolitische Herausforderung, die eine Weiterentwicklung der bestehenden Unterstützungsangebote im Alltag, im kulturellen, wirtschaftlichen, sozialen und politischen Bereich und insbesondere im Bildungsbereich erfordert.