Rundhaus Kanadaring

Konversion

Ab 1967 waren die Kanadier in Lahr stationiert. 1991 entschied die kanadische Regierung ihre Streitkräfte vom Standort Lahr abzuziehen. Als 1994 der Truppenabzug komplett vollzogen war, setzten tiefgreifende Änderungen im gesamten Raum Lahr ein.

Riesige Flächen, allein das Flugplatzgelände umfasst rund 600 Hektar, standen nun für eine Umnutzung zur Verfügung.

Das Bild zeigt eine Luftaufnahme des Kasernenareals. Zu erkennen sind links die Kasernengebäude, rechts Lager- und Verwaltungsgebäude und im Vordergrund der Sportplatz.
Konversionsfläche Kasernenareal

Hinzu kam das Kasernenareal mit 1000 bundeseigenen Wohnungen, Krankenhaus, Schulen, Kino, Lagergebäuden und so weiter.

Vor allem in sozialer, wirtschaftlicher und stadtplanerischer Hinsicht ergaben sich völlig neue Entwicklungen, die nicht nur Defizite und Probleme sondern auch große Chancen und Potenziale mit sich brachten. Dies zeigte sich früh mit der Ansiedlung des Herzzentrums oder dem Umzug der Privathochschule AKAD in das ehemalige Offizierscasino.

Am eindrucksvollsten lässt sich die Dimension neuer Aufgaben an der Einwohnerentwicklung aufzeigen. Hatte Lahr 1990 rund 34 000 Einwohner, waren es 2015 rund 46 000 – das ist eine Steigerung um gut 35 Prozent in 25 Jahren. Allein dadurch ergab sich ein deutlich erhöhter beziehungsweise veränderter Bedarf an Wohnraum, Arbeitsplätzen, Schulen, Kindergärten, Verkehrsanlagen und Einkaufsmöglichkeiten. Die Entwicklungen belegen, wie eng Konversion und Stadtentwicklung miteinander verwoben sind.

Auf dem Flughafenareal entstanden der interkommunale Industrie- und Gewerbepark (IGP) Raum Lahr im Westen und die städtischen Gewerbegebiete Rheinstraße Nord im Osten sowie Rheinstraße Süd. Sie beherbergen hunderte Betriebe mit tausenden Beschäftigten und zeichnen sich durch einen breiten Branchenmix aus. Den Betrieben wird größtmögliche Flexibilität auf ihrem Gelände ermöglicht, gleichzeitig wurden in den öffentlichen Flächen gestalterische Standards geschaffen, die zu einer positiven Imagebildung beitragen. Bestätigt wird dieses Konzept durch mehrere großflächige Ansiedlungen von namhaften Logistikfirmen und Industriebetrieben im IGP aber auch durch die regelmäßigen Ansiedlungen kleinerer Betriebe im Ostbereich.

Der direkt an der A 5 gelegene Flughafen Lahr hat eine der längsten und tragfähigsten Landebahnen in Europa. Er wird privat betrieben und ist als Sonderflughafen für Fracht sowie Bedarfsflugverkehr lizensiert. Die Flugbetriebsflächen befinden sich im Eigentum der Stadt Lahr. In den vergangenen Jahren wurden Investitionen in Millionenhöhe in die technische Infrastruktur und den Passagierterminal getätigt. Seit 2001 besteht eine Konsensvereinbarung zwischen Betreibergesellschaft und Nachbargemeinden, die eine Begrenzung des Fluglärms und den Ausschluss von Nachtflügen zum Inhalt hat.

Für das ehemalige Kasernenareal wurde der seit dem 04. Juli 2009, rechtsverbindliche Bebauungsplan "Beim Hohbergsee" aufgestellt. Auf dem Areal ist ein neues Stadtquartier mit einer hohen Freiraumqualität entstanden.

Mit dem Erhalt der konstruktiven Bausubstanz der einstigen Verwaltungsgebäude und damit der städtebaulichen Struktur der ehemaligen Kaserne blieb ein Stück Stadtgeschichte sichtbar. Die bestehenden Höfe wurden durch den Abbruch der Gebäude entlang der Feuerwehrstraße nach Süden zum Burghard hin geöffnet. Die von weiterer Bebauung (keine Nachverdichtung) frei gehaltenen Höfe bieten viel Raum für Gärten, die den Wohnungen zugeordnet wurden. Alle Wohnungen erhalten vorgesetzte, großzügige Balkone. Energetisch wurden die Gebäude konsequent auf den neuesten Stand der Technik gebracht.

Auf dem ehemaligen Sportplatzgelände sowie nördlich der Bertha-von-Suttner-Allee sind rund 50 bis 60 Einfamilienhäuser entstanden.

Die einzelnen Nutzungen beziehungsweise Quartiere wurden durch öffentliche Grünflächen gegliedert. Zusammen mit den vielfältigen privaten Grünflächen (Innenhöfe, Gärten) entstand damit ein stark durchgrüntes "Parkdomizil". Entlang den parkartigen öffentlichen Grünzügen führen Fuß- und Radwege durch das Plangebiet und verknüpfen es mit den benachbarten Stadt- und Naherholungsgebieten beziehungsweise dem weiterführenden Wegenetz.

Der mit der Konversion verbundene Einwohnerzuwachs, insbesondere durch Spätaussiedlerfamilien aus der ehemaligen Sowjetunion, erforderte erhebliche städtische Investitionen in Schulen, Kindergärten, Horteinrichtungen. Für diesen Bereich wurden etwa 13,3 Millionen Euro ausgegeben. Weiter wurde gezielte Integrationsarbeit durch Betreuung und Förderung von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen geleistet.

Wichtigste Projekte dabei waren:

  • Neubau des viergruppigen Kindergartens im Wohngebiet Kanadaring
  • Neubau des zweigruppigen Kindergartens in Lahr-Kippenheimweiler
  • Schaffung von Horten an der Eichrodt- und der Luisenschule
  • Erwerb des ehemaligen kanadischen Kindergartens St. Patrick
  • Erweiterung der Theodor-Heuss-Schule
  • Neubau der Geroldseckerschule
  • Erweiterung der Schutterlindenbergschule und der Schule Lahr-Langenwinkel
  • Umbau der Friedrich-Hauptschule in eine offene Ganztagesschule
  • Errichtung eines Bürgerzentrums im Wohngebiet Kanadaring und in Lahr-Kippenheimweiler
  • Einführung von Jugendsozialarbeit an der Friedrich-Hauptschule, der Theodor-Heuss-Hauptschule, der Hauptschule Lahr-Sulz und der Gutenbergschule
  • Umbau des ehemaligen Schlachthofs zur Begegnungsstätte "Jugend- und Kultur"

 

Auch im Bereich Wohnen wirkte sich die Konversion sehr stark aus. Die rund 1000 bundeseigenen Wohnungen wurden von fünf verschiedenen Wohnungsbauunternehmen erworben, davon 600 von der Städtischen Wohnungsbaugesellschaft. Die Wohnungen wurden größtenteils renoviert und preiswert vermietet. Der erhöhten Nachfrage nach Einzel-, Doppel- und Reihenhäusern auf relativ kostengünstigen Grundstücken begegnet die Stadt in den vergangenen Jahren durch eine verstärkte Aufstellung entsprechender Bebauungspläne.