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27.09.2013 - Was macht eigentlich... Katja Ivol, Leiterin der Abteilung Vermessung ?

„Glauben Sie an Ufos, Frau Ivol?“ Wenn man weiß, woher die Daten für das Lahrer Liegenschaftskataster kommen, ist man versucht, der Leiterin der Abteilung Vermessung bei der Stadt Lahr, diese Frage zu stellen. Denn die Grundlage für ihre Arbeit kommt tatsächlich aus dem All: Satelliten liefern nämlich die Daten, aus denen später Karten und Pläne werden. Alle diese Darstellungen, die es über Lahr gibt, haben ihren Ursprung in der Abteilung Vermessung. Ihre Grundlage ist das sogenannte Liegenschaftskataster, das die Abteilung Vermessung im Auftrag des Landes Baden-Württemberg für die Stadt Lahr führt. Darin werden sämtliche Grundstücke im Stadtgebiet mit ihren gültigen Grenzen und ihrer Nutzung gespeichert. Auf den Zentimeter genau können die Beschäftigten im Vermessungsamt Auskunft darüber geben, wo die Grenze zum Nachbarflurstück verläuft.

„Nachbarschaftsstreitereien sind die unbeliebtesten Aufgaben“, sagt Katja Ivol, „Man glaubt nicht wie viele Bäume und Gartenmauern schon Streit verursacht haben. Die Festlegungen im Liegenschaftskataster sind eindeutig und beenden den ‚grenzenlosen‘ Ärger aber bis wir Vermesser mit einer amtlichen Grenzfeststellung beauftragt werden, sitzt der Ärger unter den Nachbarn oft schon tief.“

Für die genaue Kenntnis, wo die Grenze verläuft, wurde das ganze Land seit dem 19. Jahrhundert mit einem Netz von trigonometrischen Punkten, Aufnahme- und Grenzpunkten überzogen und wenn man die Vermesser in ihren orangen Westen bei der Arbeit sieht, beziehen sie sich immer auf dieses Netz. Jeder Grenzpunkt ist mit rechtwinkligen Koordinaten festgelegt. Im Großherzogtum Baden galt noch das Badisch-Soldner-Koordinatensystem, das aber bald durch das deutschlandweit geltende Gauß-Krüger-System abgelöst wurde. Und seit einiger Zeit wird nun auf das weltweit geltende UTM-System umgestellt. Zur Messung dieser Koordinaten werden jene Daten verwendet, die von den Satelliten der amerikanischen und der russischen Armee gesendet werden. Dabei bewegen sich die Satelliten zwar in einer Erdumlaufbahn in 20.000 Kilometern Höhe, doch wenn ihre Daten vermessungstechnisch ausgeglichen sind, liefern sie Koordinaten im Zentimeter-Bereich.

Das Liegenschaftskataster ist auch die Grundlage aller Stadtpläne. Dafür werden sämtliche Neubauten wie auch die Altbestände in Lahr aufgemessen und dargestellt. „Die Grundstückseigentümer mögen diese gesetzliche Vorgabe nicht besonders, denn der Gesetzgeber wendet hier das Verursacherprinzip an und die Arbeit wird ihnen in Rechnung gestellt“, erklärt Katja Ivol, „Wir haben dabei leider keinen Ermessensspielraum“, betont sie, „Das Liegenschaftskataster muss aktuell sein, um seinen Zweck erfüllen zu können.“

Überhaupt empfiehlt sich für Bauwillige ein Besuch beim Vermessungsamt. Hier erhalten sie nämlich den für den Bauantrag notwendigen „Auszug aus dem Liegenschaftskataster“ und können außerdem Einsicht in das Baulastenverzeichnis nehmen. In ihm stehen wichtige Informationen, beispielsweise darüber ob über ein Grundstück ein Geh- und Fahr- oder Leitungsrecht führt, das die zukünftige Bebaubarkeit einschränkt, oder ob bestimmte Abstände zu Nachbarbebauungen eingehalten werden müssen.

Für die tägliche Arbeit der Stadtverwaltung werden das Liegenschaftskataster und maßstäbliche Luftbilder des Stadtgebietes in einem Geoinformationssystem für die Beschäftigten der Stadtverwaltung zur Verfügung gestellt. Das System steht aber auch den Lahrer Bürgerinnen und Bürgern auf der Homepage der Stadt Lahr zur Verfügung. Unter Beachtung des Datenschutzes werden dort vielfältige Informationen vorgehalten. Die Abteilung Vermessung stellt zudem thematische Karten wie zum Beispiel den Planausschnitt im Kulturmagazin oder der Straßenplan des Winterräumdienstes her. „Wir lernen dabei auch die vielen verschiedenen Aufgaben der Stadtverwaltung kennen und sehen uns als Dienstleister für die anderen Ämter.“ So sind für die großen städtebaulichen Projekte in Lahr im Vorfeld detaillierte topografische Aufnahmen notwendig. Bei der Neugestaltung des Kanadarings wurde zum Beispiel jeder Baum, jeder Strauch und alle im Straßenbereich vorhandenen Objekte wie Sinkkästen oder Gas- und Wasserschieber aufgenommen.

Ein großes Aufgabengebiet wartet noch auf die Vermesser: Sobald die Bauarbeiten für die Landesgartenschau beginnen, wird man sie auf dem Gelände sehen wie sie das, was bisher nur in Plänen auf Papier oder am Bildschirm existiert, in die Landschaft übertragen, damit alle Wege, Beete und Brücken an der richtigen Stelle angelegt und gebaut werden können.

Im Rahmen der Baugenehmigungsverfahren ist es Aufgabe der Vermesser, Hausnummern für Neubauten zu vergeben. „Man glaubt es kaum aber auch dafür gibt es Vorschriften“, erklärt Katja Ivol, „Das Wichtigste dabei ist die ‚öffentliche Ordnung‘, das heißt, dass ein Haus auffindbar sein soll. Deswegen sind normalerweise alle geraden Hausnummern auf einer Straßenseite und die ungeraden auf der anderen und die Hausnummern sind auf- oder absteigend aber nicht durcheinander.“ Was sich im ersten Moment einfach anhört, kann in der Realität durchaus kompliziert werden. Nämlich dann, wenn „nachverdichtet“ wird, also in Baulücken oder große Gärten gebaut wird aber eigentlich keine Hausnummern mehr frei sind oder wenn in Neubaugebieten noch sehr viele alternative Bauten möglich sind. Dann heißt es kreativ sein und sich für die Zukunft mehrere Möglichkeiten offen halten, damit keine aufwendigen Umnummerierungen notwendig werden.

Glauben Sie denn nun an Ufos, Frau Ivol? „(lacht) Vielleicht, wenn ich mal eins vermessen habe.“