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04.12.2015 - Warum kein Netto und kein Rossmann in der Oststadt?

Stadt Lahr erklärt ihre Haltung - Die Stadt nimmt die in der Badischen Zeitung und im Lahrer Anzeiger veröffentlichen Kommentare zum Anlass, um ihr Vorgehen näher zu erläutern.

Das Thema Nahversorgung und Einzelhandel ist ein Paradebeispiel dafür, dass wir in einer sozialen Marktwirtschaft und nicht in einer freien Marktwirtschaft leben. Unsere Wirtschaftsordnung sieht daher vor, dass der Staat (oder die Kommune) dem Marktgeschehen einen Rahmen setzt, den er im allgemeinen Interesse für notwendig erachtet.

Im Bereich Handel gibt es vereinfacht ausgedrückt folgende Zielsetzung: Innenstädte und wohnortnahe Versorgungslagen sind besonders zu schützen und zu unterstützen. Dies funktioniert nur, wenn man an Standorten mit besseren Voraussetzungen wie Lage an einer stark befahrenen Straße, viele kostenlose Parkplätze, große günstige Flächen, keinen oder nur eingeschränkt Handel zulässt. Dieser Ansatz wird von Bund, Land und Region vorgegeben und soll von den Gemeinden umgesetzt werden.

Dies tut auch die Stadt Lahr seit über 20 Jahren. Ohne den Ansatz gäbe es keine Arena, sondern riesige Einkaufszentren am Flugplatz. Auch die Innenstadt hätte nur noch einen Bruchteil der heutigen Geschäfte. Es gäbe nur noch große autoorientierte Lebensmittelmärkte an der B 3 und der B 415, die kleineren wohngebietsnahen Märkte in der Friedhofstraße, der Burgheimer Straße oder in Sulz hätten in dem Verdrängungswettbewerb keine Chance. Für Menschen ohne Führerschein, ohne Auto oder mit körperlichen Einschränkungen wäre selbst der tägliche Einkauf mit großen Beschwernissen verbunden.

Es gibt (zu) viele negative Beispiele für Städte, die in der Vergangenheit ungeregelt den Markt entscheiden ließen. Die Folgen sind in den Klein- und Mittelstädten der USA, Frankreichs oder etwa in Zweibrücken und Oberhausen zu beobachten: verödete Innenstädte, riesige eintönige Einkaufsflächen auf der grünen Wiese, enorme Verkehrsprobleme.

Aus diesen Gründen setzt die Stadt mit den im Gemeinderat beschlossenen Konzepten den Rahmen für die wirtschaftliche Betätigung und steuert die Ansiedlung von Handelsgeschäften. Sie lässt Entwicklungen an geeigneten Standorten zu und verhindert sie an ungeeigneten Stellen wie eben der Geroldsecker Vorstadt, die bereits über zwei Lebensmittel-Discounter verfügt. Sie stützt keine speziellen Handelsbetriebe, sondern die Innenstadt und die einzelnen, räumlich verteilten Nahversorgungslagen. Um die Lebendigkeit in der Innenstadt zu erhalten, ist Handel ein ganz wesentliches Element. Auch die anderen Funktionen der Innenstadt fördert die Stadt mit der Aufwertung von Plätzen, Straßen und Gassen. Sie soll damit auch als Aufenthaltsort gestärkt werden. Die jahrzehntelangen Bemühungen haben die Innenstadt positiv verändert und gestärkt.

Diese städtische Strategie entspricht bewusst nicht dem Prinzip der freien Marktwirtschaft, ebenso wenig wie Sanierungsgebiete in der Innenstadt, Investitionen in die Chrysanthema oder die momentane aktive Dorfentwicklung in Hugsweier. Mit der rahmengebenden sozialen Komponente in der Marktwirtschaft ist in den vergangenen Jahrzehnten nicht nur Deutschland, sondern auch die Stadt Lahr gut gefahren.