Lahrer Zeitungen, Badische Zeitung, Lahrer Zeitung, Lahrer Anzeiger

22.08.2016 - Schützenswerte Lahrer Altstadt im Fokus

Lahr hat eine individuelle Innenstadt mit zahlreichen historischen Gebäuden. Im Geltungsbereich der derzeitigen Lahrer Altstadtsatzung aus dem Jahr 1982 befinden sich 132 Gebäude, die als Kulturdenkmäler eingestuft sind. Außerdem sind 24 Gebäude künftig auf ihre Denkmalwürdigkeit hin zu prüfen. Viele weitere Häuser sind aufgrund ihrer Erscheinung stadtbildprägend und erhaltenswert. Zum Schutz dieses individuellen Stadtbilds soll die Altstadtsatzung jetzt aktualisiert werden. Die Überarbeitung soll innerhalb der nächsten zwei Jahre unter Beteiligung von Fachplanern und Öffentlichkeit erfolgen. Die konkreten Ziele werden in den politischen Gremien beraten. Erster Schritt ist eine umfassende Bestandsaufnahme.

Die über Jahrhunderte gewachsene Lahrer Altstadt entsprach mit ihrer kleinteiligen Bebauung den Ansprüchen der Bauherren. Dabei dienten die Geschäfts- und Gasthäuser den Inhabern gleichzeitig als Wohnhaus. Die Häuser waren keine reinen funktionalen Zweckbauten, vielmehr repräsentierte die Gestaltung der Fassaden neben der Bautradition auch den gesellschaftlichen Stand des Bauherrn. Materialien und Konstruktionen resultierten aus der Bautradition vergangener Jahrhunderte. Aufgrund der begrenzten Verfügbarkeit von Baumaterialien wurden die Fassaden überwiegend mit rotem Sandstein und Putz gestaltet. Die Gebäude sind häufig durch Natursteinsockel und Friese gegliedert und mit Schmuckelementen wie Gesimsen, Laibungen und Stürzen in rotem Sandstein verziert. In der Regel haben die Häuser sogenannte Lochfassaden, eine Reihung von stehenden, rechteckigen Einzelfenstern, die häufig noch mit Fensterläden versehen sind.

Die Tendenzen der baulichen Entwicklung richteten sich den letzten Jahren nach neuen Bedürfnissen. Während in der Vergangenheit die für heutige Verhältnisse kleinen Verkaufsflächen den inhabergeführten Einzelhandels- und Gastronomiebetrieben ausreichten, besteht im Zuge der Filialisierung heute die Tendenz, größere zusammenhängende Verkaufsflächen zu bilden oder neu zu errichten. Zwar sind sich viele der Verantwortung für die besondere Geschäftslage innerhalb eines historischen Stadtkerns bewusst und der Erhalt der historischen Fassaden ist ein Anliegen, doch inhabergeführte Geschäfte werden seltener. Oft fehlen Geschäftsnachfolger oder die Geschäfte werden von wirtschaftlich stärkeren Filialisten verdrängt. Hinzu kommen stetig steigende Ansprüche an eine kostengünstige Herstellung neuer Gebäude, an die Wirtschaftlichkeit von Verkaufsflächen und ein möglichst hohes Maß an baulicher Ausnutzung der Grundstücke. Zudem sind heutzutage alle weltweit angebotenen Baumaterialien verfügbar. Dies ermöglicht Bauweisen mit Materialien ohne regionalen Bezug. Der gestalterische Anspruch tritt aufgrund der damit verbundenen Mehrkosten oder mangels Anspruch oft in den Hintergrund. Die baulich ablesbaren Folgen sind vielfältig. Mit unmaßstäblichen Neubauten verändert sich die bauliche Struktur der Altstadt. Unverhältnismäßig große Baukörper mit wenig gegliederten und schmucklosen Fassaden machen die Architektur beliebig und austauschbar. Oft werden die Fassaden in den Erdgeschossen auf ganzer Länge verglast. Die traditionellen Lochfassaden oder eine Fassadengliederung durch Mauerwerk oder Stützen verschwinden und mit ihnen einige der für das Stadtbild charakteristischen Merkmale. Auch das Erscheinungsbild der Dachlandschaft des historischen Stadtkerns hat sich in den vergangenen Jahrzehnten verändert. Die häufigste Dachform ist noch immer das Satteldach. Die nachgefragte Dachform für größere Neubauten ist jedoch das Flachdach. Ein einziges unpassend neu gestaltetes Gebäude innerhalb einer historischen Häuserzeile mag vielleicht nur eine optische Störung darstellen. Häufen sich solche Gebäude aber führt das zur schleichenden Zerstörung des historischen Stadtbilds.

Auch in Lahr gab es in der Vergangenheit Bauvorhaben, deren Gestaltung im Hinblick auf ein harmonisches Einfügen in das Stadtbild kontrovers diskutiert wurde. Insbesondere im Hinblick auf Gestaltungskriterien für Neubauten bietet die bisherige Altstadtsatzung kaum Orientierung für Architekten und Genehmigungsbehörde. Ziel der Überarbeitung der bisherigen Altstadtsatzung ist es, das historische Erscheinungsbild der Lahrer Altstadt zu erhalten und in einer stadtbildgerechten Weise weiterentwickeln zu können. Neu-, Um- und Anbauten sollen sich rücksichtsvoll in die historische Bebauung einfügen. Ein auf Kontrast setzendes Nebeneinander von Alt und Neu soll je nach Gestaltqualität im Einzelfall zugelassen werden können.

Einen großen Einfluss auf das Erscheinungsbild der Altstadt haben auch Werbeanlagen. Ihrem Zweck nach sollen diese bei Passanten möglichst viel Aufmerksamkeit erregen. Ihre Gestaltung ist folglich oft aufdringlich durch Größe, Farbe oder Beleuchtung. In der neuen Satzung soll auch die Größe von Werbeanlagen differenzierter geregelt werden.