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07.06.2010 - Neue Sprachlotsen-Koordinatorin bei der VHS

Sie hat sechs Jahre lang erfolgreich dafür gesorgt, dass ehrenamtliche Sprachlotsen ihre Partner finden: Doris Kalt, Koordinatorin im „Sprachlotsen-Projekt“ an der Volkshochschule (VHS) Lahr. Um die Tandems zusammen zu bringen, braucht es „ein gutes Händchen“, denn nicht jeder Sprachlotse bietet für jeden das Richtige an und nicht jede Sprach-Partnerschaft harmoniert. All diese Gegebenheiten werden bei Vermittlungen beachtet. Doris Kalt hat dies mit viel Engagement und Einfühlungsvermögen getan. Während ihrer Tätigkeit wurde der Austausch immer enger und häufiger. Derzeit werden ca. 23 Personen von etwa 20 Sprachlotsen betreut. Doris Kalt hat sich zu Beginn des Jahres entschlossen beim Sprachlotsenprojekt kürzer zu treten und die Koordination abzugeben. Dem Projekt bleibt sie als Ehrenamtliche treu.

In Nadezhda Derevanko tritt eine Nachfolgerin an, die das Sprachlotsen-Projekt aus eigener Erfahrung kennt und sich freut, es weiterzuführen und auszubauen. Sie kennt das Gefühl der „Sprachlosigkeit“ selbst und hat mit ihrer Sprachlotsin von damals noch bis heute Kontakt. Nadezhda Derevanko kam 2004 mit ihrem Mann aus Kasachstan nach Deutschland. Beim Einführungsvortrag Ende Mai, den sie selbst durchführte, erzählte sie über ihre frühere Heimat. Die wirtschaftlich schwierige Situation in Kasachstan in den 1990er Jahren sei für das Ehepaar Grund gewesen nach Deutschland zu den Wurzeln ihres Mannes zu kommen. Auf die Frage, ob sie es bisher bereut habe, ihr Heimatland zu verlassen, entgegnet sie, dass die Zeiten in Deutschland von Hochs und Tiefs geprägt waren. Von einer Stimmung des „hier wird alles besser“ bis zu einer gewissen Enttäuschung, dass das Fuß fassen schwieriger ist, als angenommen. Ihre eigenen Deutschkenntnisse hat sie von Anfang an mit großem Ehrgeiz und Engagement immer weiter ausgebaut und daran gearbeitet. Das nächste sprachliche Ziel der neuen Koordinatorin ist es, ihre Kenntnisse auf das Niveau des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens (GER) auszubauen. Diese sind Voraussetzung für ein Studium in Deutschland. Das Fazit ihrer ersten Beratungsstunden: „Viele Personen fragen in der wöchentlichen Beratung nach einer Unterstützung durch das Projekt an. Wir könnten weitere Ehrenamtliche gut einsetzen!“

Beim „Tag der Offenen Tür“ des Begegnungshauses im Stiftschaffneigebäude in der Friedrichstraße am Samstag, 12. Juni 2010, ab 10:00 Uhr sind auch die Spachlotsen mit der neuen Koordinatorin präsent und informieren über ihre Arbeit. Dieses Projekt der Volkshochschule Lahr läuft erfolgreich seit sechs Jahren und hat sich für die nachhaltige Integration in Lahr etabliert. Der Ursprung des im Jahr 2000 gestarteten Pilot-Projekts liegt bei der ehemaligen VHS-Mitarbeiterin Charlotte Verrel-Bennecke. Die Idee, durch eine Gruppe Ehrenamtlicher den neu zugezogenen Migrantinnen und Migranten bei Bedarf das lateinische Alphabet beizubringen, wurde vier Jahre später zum „Sprachlotsen-Projekt“ weiter entwickelt.

Einige Sprachlotsen konzentrieren sich beispielsweise auf die Hilfe im Alltagsleben der Migranten, andere möchten speziell Analphabeten helfen, weil sie zum Beispiel als Grundschullehrer ausgebildet sind. Anderen Ehrenamtlichen im Projekt geht es vorrangig um Konversation. Sie bemängeln die fehlenden Gelegenheiten dazu außerhalb der Deutsch-Integrationskurse. Der direkte Kontakt und Freundschaften zu Deutschen fehlen leider oft. Manchmal gehen die Kontakte auch über die erste Betreuung hinaus: Dann werden beispielsweise auch Kinder der Lotsen-Partnerinnen und -Partner bei den Schulaufgaben betreut.
Viele Tandems schätzen es, die Treffen an der VHS durchzuführen, um einen neutralen Raum zu haben. Dies ist auch für die Migranten wichtig: Hier stehen sie im Mittelpunkt und können etwas für sich tun. Ohne Kinder oder Ehepartner, die zu Hause allgegenwärtig sind, fällt das Lernen und Konzentrieren leichter.

Ziel des Projekts ist, Wege aus der sprachlichen Isolation zu finden. Eine gelungene Integration ist stark verknüpft mit sprachlicher Integration: Sich ausdrücken zu können, fördert das Gefühl, sich in einer neuen Heimat wohl zu fühlen. Häufig reichen Sprachkurse allein nicht aus. Integration erfolgt durch den Aufbau von Kontakten und die darin begründete regionale (Ein-)Bindung.

Infokasten:
Sprechstunde: montags, 15:00 bis 16:00 Uhr
Volkshochschule Lahr, Kaiserstr. 41, 77933 Lahr,
Tel. 07821/918-0

Das Projekt wird gefördert durch den Rotary-Club Lahr.