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30.09.2021 - KulturStammtisch als Live-Stream aus dem Stadtmuseum Tonofenfabrik Klimaneutrale Kultur

Von Links Jana Schwab, Heinz-Dieter Ritzau, Jakob Ackermann
Von links: Jana Schwab, Heinz-Dieter Ritzau, Jakob Ackermann
Quelle: Lilo, Ritzau, Privat
Was können Kunst- und Kulturschaffende sowie Repräsentantinnen und Repräsentanten einer Stadt kulturell beitragen, um die drohende Klimakrise abzuwenden? Kann Kultur überhaupt klimaneutral sein? Und wenn ja, wie? Darüber diskutieren beim 6. KulturStammtisch am Donnerstag, 7. Oktober 2021, ab 18 Uhr sechs Gäste mit Kulturamtsleiterin Cornelia Lanz.

Die Klimaschutzziele der Stadt Lahr orientieren sich an der Agenda 2030 und den 17 globalen Zielen für nachhaltige Entwicklung, die die Vereinten Nationen entwickelt haben. Eines der 17 Ziele sind Sofortmaßnahmen, um den Klimawandel und seine Auswirkungen zu bekämpfen. Bis 2022 sollen die CO2-Emissionen in Lahr im Vergleich zu 1990 schon um 50 Prozent gesenkt sein. Madeleine Krol, Klimaschutzmanagerin der Stadt, strebt an, dass die Lahrer Stadtverwaltung bis 2040 klimaneutral ist. Doch auch wenn die Stadt gute Konzepte entwickelt hat, weiß Krol, wie wichtig es ist, alle Bürgerinnen und Bürger mit einzubinden: „Alleine schaffen wir es nicht, nur zusammen. Klimaschutz muss Teil des Lebensstils werden“, sagt sie. Elektro-Fahrräder oder die Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs seien auf jeden Fall ein guter Anfang, energieeffiziente Gebäude seien ebenfalls sehr wichtig.

Jakob Ackermann ist spezialisiert auf Nachhaltigkeit und Museumspädagogik. Der Fachgruppensprecher Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) des Bundesverbands Museumspädagogik sieht eine große Chance in der Dezentralisierung der Kultur, indem man also nicht nur Leuchttürme in Großstädten fördert, sondern der Kulturszene auch in Mittel- und Kleinzentren auf die Sprünge hilft. Auch die Digitalisierung begreift Ackermann als Chance für mehr Nachhaltigkeit. Digitale Tickets und Online-Broschüren helfen, den Papierverbrauch zu senken. 

Die Komponistin und Artist in Residence der Villa Jamm Saskia Bladt ist in der Welt der Töne zuhause. Sie setzt jedoch immer wieder gesellschaftsrelevante Themen um. Ihr neuester Coup ist das „Requiem ad Plastica“ – ein Abgesang auf den Kunststoff. Als Leiterin des Ensembles tō ist Bladt auch bei den Werbemitteln umweltfreundlich. Zum Beispiel nutzt sie für Postkarten ausschließlich plastikfreie Tinte und Recycling-Papier. Die Kostüme werden nicht wie sonst üblich geschneidert, sondern drapiert und sind aus wiederverwendbarem Polyester, das man immer wieder neu nutzen kann. 

Dass Plastik nicht automatisch umweltschädlich ist, fand die 17-jährige Schülerin des Scheffel-Gymnasiums Pauline Pfeiffer im Chemie-Unterricht durch Experimente heraus. Beim bundesweiten Wettbewerb „Mein(e) Plastik ist bio!“ überzeugte sie mit einer künstlerischen Collage aus Bioplastik die Jury des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF). Ziel war es, die Wichtigkeit von nachhaltigen Materialien am Beispiel von Bioplastik ins öffentliche Bewusstsein zu rücken. „Durch den Wettbewerb und weitere Recherchen verstehe ich jetzt, was sich bei der Herstellung von Plastik und Bioplastik auf molekularer Ebene tut“, so Pfeiffer.

„Klimaneutralität heißt nicht gar keine Kultur“, sagt Heinz-Dieter Ritzau, der den sogenannten Green New Deal für die Kultur unterstützt. Der European Green Deal ist ein von der Europäischen Kommission unter Ursula von der Leyen am 11. Dezember 2019 vorgestelltes Konzept mit dem Ziel, bis 2050 in der Europäischen Union die Netto-Emissionen von Treibhausgasen auf null zu reduzieren. „Nachhaltig bedeutet zukunftsfähig“, sagt Ritzau. Seit 2010 bereist er Südamerika und engagiert sich für den Wissenstransfer rund um Nachhaltigkeit und Klima in Lahr und Alajuela. Ritzau ist zivilrechtlicher Vertreter der Klimapartnerschaft Alajuela-Lahr und zweiter Vorsitzender des Freundeskreises Alajuela-Lahr.

Die Klimakrise sei, verglichen mit Corona, ein Marathon, sagt Jana Schwab. Dementsprechend stellt sich die 19-Jährige auf einen langen Kampf ein, für den es in ihren Augen allerdings keine Alternative gibt. „Wir haben nur eine Erde. Es gibt keinen Plan B.“ Die Fridays-for-Future-Sprecherin kämpft nicht nur seit 2019 mit Freitags-Demos gegen den Klimawandel, sondern ist seit Kurzem auch Kreisrätin der Linken Liste Ortenau. Fridays for Future ist eine globale Bewegung, die von Schweden ausging. Seit Juni 2021 finden wieder Präsenz-Klimastreiks statt. Die Ortsgruppe Offenburg-Ortenau hat auf Instagram fast 2000 Follower.

Auch das Lahrer Kulturamt macht sich Gedanken, wie es Nachhaltigkeit in Kultur transportieren kann und wie es Menschen für Themen wie den Klimawandel sensibilisieren kann. Dirigent Gordon Hamilton, der am Freitag, 15. Oktober 2021, mit den Nürnberger Symphonikern in Lahr gastiert, hat beispielweise eindrucksvoll seine Reise zum Südpol vertont – klirrende Eisberge und schmelzende Landschaften. Bewegender kann Schönheit und Melancholie nicht in Musik umgesetzt werden.

Die Veranstaltung wird per Live-Stream aus dem Lahrer Stadtmuseum Tonofenfabrik übertragen. Online-Kommentare sind ausdrücklich erwünscht. Wer sich gerne einbringen möchte, kann sich am Donnerstag, 7. Oktober, ab 18 Uhr auf dem städtischen YouTube-Kanal, Playlist Lahr Kultur, zuschalten. 

Zudem sind auch Live-Gäste im Stadtmuseum Tonofenfabrik willkommen. Es gelten die so genannten 3G – die Gäste müssen geimpft, genesen oder getestet sein. Ebenso besteht die Pflicht zum Tragen einer medizinischen Maske, zur Einhaltung der Hygiene- und Abstandsregeln sowie zur Aufnahme der Kontaktdaten.

Der KulturStammtisch Lahr findet seit Mai 2021 an jedem ersten Donnerstag im Monat ab 18 Uhr statt. Mit der Aktion hat das Kulturamt den Prozess „Kulturkonzeption 2026“ gestartet, mit dem es auf die aktuellen gesellschaftlichen Umbrüche und Entwicklungen eingehen möchte. 

Gemeinsam mit der Stadtgesellschaft sollen in einem mehrjährigen Austausch gesellschaftliche Entwicklungen und Trends identifiziert werden. Die Veranstaltung vom Kulturamt Lahr und dem Stadtmuseum Lahr ist eine Kooperation mit dem Förderverein Stadtmuseum Tonofenfabrik, der Lahrer Zeitung und dem neuen Pächter des Biermichel, Tobias Venzke. 

Von links: Madeleine Krol, Pauline Pfeiffer, Saskia Bladt
Von links: Madeleine Krol, Pauline Pfeiffer, Saskia Bladt
Quelle: Privat, mp, Felix Gruenschloss