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28.11.2006 - Haushaltsrede für das Haushaltsjahr 2007 von Herrn Oberbürgermeister .Dr. Wolfgang G. Müller

„Unser Weg im Spannungsverhältnis von Sparen und Gestalten“

I. Einführung

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

wie immer war es auch in diesem Jahr Ziel der Verwaltung, den Haushaltsentwurf so früh wie möglich vorzulegen. Wir haben im Rahmen der internen Zeitplanung die erforderlichen Vorarbeiten geleistet und ein Zahlenwerk erstellt, das als Grundlage für die politischen Beratungen dienen soll. Wir wollen damit den gesetzlichen Vorgaben nachkommen, vor allem aber gewährleisten, dass im nächsten Jahr nach der Genehmigung durch die Rechtsaufsichtsbe-
hörde ausreichend Zeit bleibt, den Haushalt – verstanden als in Zahlen gegossene Kommunalpolitik - umsetzen zu können.
D.h., je früher der genehmigte Haushalt vorliegt, desto zügiger kann erzogen werden und Überhänge im folgenden Haushaltsjahr werden vermieden.

Allerdings musste der Finanzierungsrahmen zum ersten Mal ohne aktualisierte Orientierungsdaten des Landes ermittelt werden. Diese grundlegend wichtigen Informationen sind uns erst vor etwa zwei Wochen zugegangen. Zu spät, um sie noch in den Ihnen zugegangenen Entwurf einarbeiten zu können.

Diese späte Information durch das Finanzministerium ist absolut unbefriedigend, erschwert sie doch eine verlässliche Einschätzung der Finan-zierungsmöglichkeiten erheblich und verzögert die Aufstellung des Haushaltplanes.

Für das anstehende Haushaltsjahr will ich diesen Sachverhalt jedoch nicht all zu kritisch bewerten. Ich darf Ihnen nämlich mitteilen, dass wir nach Erhalt der Eckdaten über die Entwicklung des Steueraufkommens und der daraus resultierenden Auswirkungen auf den Haushalt eine deutliche Verbesserung erfahren, also die notwendigen Informationen kamen zwar sehr spät, sie waren wenigsten aber positiv.

Die in dem Ihnen zugesandten Entwurf mit ca. 0,6 Mio. Euro ausgewiesene Zuführung an den Vermögenshaushalt wird sich auf ca. 1,6 Mio. Euro erhöhen und damit die gesetzliche Mindestzuführungsrate fast erreichen. Bereits einge-rechnet ist dabei der bislang bekannte zusätzli-che Finanzierungsbedarf, insbesondere aber die Ansatzanpassung für die Kreisumlagenerhöhung von 2 auf 2,8 Hebesatzpunkte. Damit sind wir in der Lage, die nach den Beratungen in den Kreisgremien zu erwartende Umlageerhöhung im Haushalt in voller Höhe abzudecken.

Festzuhalten bleibt aber, dass die Erhöhung der Umlage an den Kreis sich auf über 1,0 Mio. Euro beläuft. Diese Zusatzbelastung ist von uns nicht beeinflussbar, sie geht zurück auf die Entscheidungen des Bundesgesetzgebers vor allem im sozialen Bereich.

Stünden diese Mittel in unserem Haushalt zur Verfügung, könnten wir mit Eigenfinanzierungsmitteln von mehr als einer halben Million Euro unsere Investitionen wesentlich leichter finan-zieren, als das aktuell der Fall ist.

Eine erste Information über diese erfreuliche Entwicklung haben wir in der Sitzung des Ältestenrates am vergangenen Mittwoch gegeben.

Wir werden Ihnen die Auflistung mit den nach Druck des Haushaltsentwurfes entstandenen Veränderungen in Kürze zukommen lassen, damit die Beratungen in den Fraktionen auf der Grundlage der aktuellen Zahlen erfolgen können.

II. Verwaltungshaushalt

Zunächst einige Ausführungen zum Verwal-tungshaushalt:
Durch die positive Steuerentwicklung sind wir in der Lage, annähernd die gesetzliche Mindestzuführungsrate ausweisen zu können. Im Vergleich zum laufenden Jahr stehen uns damit bei den allgemeinen Finanzmitteln rund 2,6 Mio. Euro mehr zu Verfügung. Es ist also eine Verbesserung zu verzeichnen.

Gleichzeitig müssen wir feststellen, dass auch auf der Ausgabenseite deutliche Zuwächse zu verzeichnen sind. Allen voran ist hier die bereits erwähnte Kreisumlage zu nennen. Während wir 2005 noch knapp 10,2 Mio. Euro an den Kreis abführen mussten, beläuft sich die für das kommenden Jahr zu erwartende Umlage nach Ein-rechnung der absehbaren Erhöhung bereits auf über 12,5 Mio. Euro, mithin in diesem Betrachtungszeitraum eine Zunahme um etwa 2,3 Mio. Euro.

Stellt man die Mehreinnahmen bei den allgemeinen Finanzmitteln diesen Mehrausgaben gegenüber, muss man feststellen, dass von dem schönen Geldsegen nicht viel übrig bleibt.

Auch bei den Verwaltungs- und Betriebsausgaben ist ein Anstieg festzustellen. Bei einem Gesamtvolumen von ca. 21,2 Mio. Euro fällt die Zunahme mit ca. 400.000 Euro im Vorjahresver-gleich aber eher moderat aus. Vor allem in die-sem Bereich fallen die Mehrwertsteuererhöhung und die Energiekostensteigerungen ins Gewicht.

Die ebenfalls hierin enthaltenen reinen Bauunterhaltungsmittel sind mit rund 1,8 Mio. Euro veranschlagt, ca. 450.000 Euro mehr als im laufenden Jahr. Damit reagieren wir – wenn auch nur in einem kleinen Schritt - auf den erheblichen Sanierungsbedarf an städtischen Gebäuden und Einrichtungen.

Dass wir dennoch in der Lage sind, bei der Gebäudeunterhaltung- bzw. Sanierung schnell zu handeln, zeigen die Maßnahmen der Verwaltung in der Vergangenheit bei der Halle im Mauerfeld und bei der Sulzberghalle und, aktuell, bei der Turnhalle der Eichrodtschule.

Dessen ungeachtet ist es aber erforderlich, den Bereich des Gebäudemanagement zu verbessern. Dies haben uns aktuell auch die Erfahrun-gen beim Umbau der Schutterlindenbergschule oder bei der Baumaßnahme im Kindertagheim Max-Planck-Straße gezeigt. Obwohl dies investive Maßnahmen waren, zeigen Sie auch den Handlungsbedarf für das Gebäudemanagement auf. Zu diesem Komplex, hierzu gehört auch die Gebäudereinigung, wollen wir Ihnen Vorschläge unterbreiten. Wir sind hierzu allerdings auch auf Ihre Unterstützung angewiesen, wenn es darum geht, notwendige Erkenntnisse gutachterlich erfassen zu lassen. Um was es uns geht: Wir wollen die aus dem Investitionshaushalt finanzierten Gebäude so wertvoll wie möglich erhalten.

Bei einer Bereinigung des Gesamtvolumens um die Erhöhungseffekte, würden die Sachausgaben deutlich unter Vorjahresniveau liegen, d.h., wir hätten unsere Verbrauchsausgaben im Vergleich zum Vorjahr leicht reduzieren können.

Die Personalkosten steigen ebenfalls. Mit rund 21,1 Mio. Euro liegen sie um ca. 700.000 Euro über dem Vorjahresansatz.

Neben den finanziellen Auswirkungen des neuen Tarifvertrages (TVöD) wirken sich hier auch die vom Gemeinderat beschlossenen Stellen, insbesondere im Sozialbereich, aus. Einen wesentlichen Anteil an der Erhöhung haben auch die Brutto ausgewiesenen Personalkosten des 2. Bildungsweges, die aber zum überwiegenden Teil durch das Land erstattet werden.

Es wird weiterhin notwendig sein, die Entwicklung der Personalkosten kritisch im Auge zu behalten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

es ist keine Frage, dass wir in Lahr eine engagierte Sozialpolitik brauchen. Unsere Erfolge bei der Integration gründen auch auf einem gezielten Personaleinsatz. Auch der Ausbau der Familienfreundlichkeit an Schulen und Kindergärten, natürlich auch Ganztagesschulen, oder gar ein Mehrgenerationenhaus, sind ohne zusätzlichen Personaleinsatz nicht denkbar. Aber auch in diesen Bereichen benötigen wir eine funktionierende Erfolgskontrolle, angelegt an einer längerfristigen Zielorientierung. Wir wollen die Konturen des Sozialetats der Stadt Lahr stärker zeichnen und politisch definieren.
Wir wollen unser Angebot im Sozialbereich anhand politischer Zielvorgaben bewusster steuern, damit die Ergebnisse besser kontrollierbar machen und auch die Finanzkontrolle verbessern.

Zusammenfassend meine ich, dass wir zufrieden sein dürfen, mit diesem Verwaltungshaushalt, auch wenn nicht alle Wünsche erfüllt werden können.

III. Vermögenshaushalt
Erstein und Windenreute werden fortgesetzt
Mit dieser Feststellung möchte ich überleiten zu einer kurzen Betrachtung des Vermögenshaushaltes. Die Festlegungen aus den Gemeinderatsklausuren 1999 in Erstein und im vergangenen Jahr in Windenreute werden auch im vorlie-genden Vermögenshaushalt konsequent umgesetzt. Dies gilt auch für die Schuldenentwicklung. Auch der Haushalt 2007 sieht keine Neuverschuldung vor.

Ich erinnere an dieser Stelle daran, dass seit 1998 keine Netto-Neuverschuldung eingeplant war und dies auch so eingehalten wurde. Über diese Vorgabe hinausgehend haben wir 6,8 Mio. Schulden getilgt und zusätzlich 4,0 Mio. Euro in das Rahmenkonto Konversion Flughafen Ostareal zur Rückführung der Kreditverpflichtungen eingebracht.

Ich darf heute auch ankündigen, dass wir aus dem Jahresabschluss des laufenden Jahres einen weiteren Schuldenabbau von über 800.000 Euro erwarten.
Zusammengenommen ist dies ein großer gemeinsamer Erfolg von Verwaltungsspitze, Gemeinderat und Verwaltung, weil trotz der „Ta-gesnotwendigkeiten“ mit viel „Wirklichkeitssinn“ eine Linie konsequent fortgesetzt wird.

In Windenreute haben wir ein anspruchvolles und für die Entwicklung der Stadt wichtiges Maßnahmenprogramm aufgelegt. Im Vordergrund standen und stehen die Schaffung weiterer Ganztagesschulen und Stadtentwicklungsmaßnahmen. Diese großen Themen führen wir in diesem Haushalt fort. Für den Umbau und die Erweiterung der Schutterlindenbergschule und die baulichen Maßnahmen an der Theodor-Heuss-Schule stellen wir knapp 2,0 Mio. Euro bereit. Dies ist der größte Ausgabenblock im kommenden Jahr.

Für die weitere Entwicklung der Innenstadt sind insgesamt 1,8 Mio. Euro im Entwurf enthalten. Sie teilen sich auf in die Sanierungsmaßnahme Nördliche Altstadt (772.000 Euro), den Endausbau der Kreisverkehrsanlage mit Fahrbahnsanierung Gärtnerstraße (600.000 Euro) sowie den weiteren Ausbau der Fußgängerzone im Bereich der Kirchstraße (420.000 Euro).

Die „Runderneuerung“ der Innenstadt geht also weiter. Wir verfolgen damit nachhaltig das Ziel, für unsere Bürger ein für Wohnen, Arbeiten und Einkaufen attraktives Stadtzentrum zu schaffen. Gleichzeitig soll sie unser Aushängeschild für auswärtige Besucher aus nah und fern sein. Die Innenstadt bestimmt im Wesentlichen den Eindruck, den unsere Gäste aufnehmen und nach Außen tragen.

Dabei denke ich nicht nur an unsere Chrysanthema, sondern auch an unseren Anspruch im interkommunalen Vergleich in der Region.

Das eine tun ohne das andere zu lassen.
Wir wollen auch die Entwicklung der Stadtteile weiterhin fördern. In die Stadtteile haben wir seit 1998 bis Ende 2005 über 12,6 Mio. Euro investiert. Im Haushalt sind für die Erschließungsmaßnahmen Kurzental in Mietersheim und Käh-nermatt in Sulz 320.000 Euro eingestellt.

Der Finanzrahmen hat – bedingt vor allem durch den großen Ausgabenblock für die Schulen - für das kommende Jahr leider keine weiteren größeren Maßnahmen zugelassen.

Wir werden aber auch bei den Stadtteilen die Festlegungen von Windenreute umsetzen. Die diskutierten Maßnahmen werden über die mittelfristige Finanzplanung in die Jahreshaushalte einfließen und sukzessive abgearbeitet.

Auch andere Themenfelder wie die Energieein-sparung konnten im investiven Teil des Haushaltes nicht in dem Maße berücksichtigt werden, wie das an sich notwendig wäre.

Immerhin war es möglich, für die Erneuerung der Heizungsanlage der Friedrich-Hauptschule über 200.000 Euro bereitzustellen. Möglicherweise können diese Mittel alternativ eingesetzt werden für ein modernes Energiekonzept im Zusam-menhang mit der von unserer Städt. Wohnungsbaugesellschaft durchgeführten Sanierungsmaßnahme in der Albert-Schweizer-Straße.

Meine Damen und Herren,
auch zum Vermögenshaushalt muss festgestellt werden: es bleiben Wünsche offen.
Wichtige und an sich notwendige Investitionen können nicht getätigt werden.

Dennoch meine ich, dass wir mit Blick auf die Finanzierungsmöglichkeiten eine Maßnahmenauswahl getroffen haben, die die großen Leitlinien unserer Klausuren in Erstein und Windenreute weiterverfolgt und geeignet ist, die Ent-wicklung unserer Stadt voranzubringen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

ich stehe fest zu der verlässlichen Umsetzung von Erstein und Windenreute. Deshalb wollen wir im kommenden Jahr eine Verwaltungsklausur durchführen. Bei dieser Veranstaltung soll über eine möglichst effiziente Bewältigung der anstehenden Aufgaben mit dem Ziel diskutiert werden, eine weitere Optimierung der Zusammenarbeit in der Verwaltung zu erreichen.

Weiterhin: Ich stehe fest zu einer politisch ein-vernehmlichen Festlegung langfristiger Ziele und Prioritäten für unsere Stadt auch über 2009 hinaus. Dies ist zum einen vernünftig und richtig, was durch die zu verzeichnenden Fortschritte belegt wird. Gleichzeitig ist dieser Vorgehensweise aber auch ein Beitrag für das politische Klima im Stadtrat, also in diesem Fall eine Kli-maveränderung hin zu einer willkommenen Klimaerwärmung.

IV. Schlussbemerkungen
Lassen Sie mich zum Ende meiner Ausführun-gen kommen mit einem Zitat aus einer Rede, die Ivo Gönner, Oberbürgermeister von Ulm und Präsident des Städtetages Baden-Württemberg, im Juli 2006 anlässlich des Symposiums „Zu-kunftsraum Mittelstadt“ in Schwäbisch Hall gehalten hat.

„Wären die Städte mittelständische Unternehmen, müssten die meisten von ihnen den Gang zum Konkursrichter antreten.“

Ich darf entschieden feststellen, dass Lahr nicht zu diesen Städten gehören würde, sondern wir sind ein florierendes mittelständisches Unternehmen, das sich immer besser im Standortwettbewerb positioniert.

Gemeinderat und Verwaltung haben es in den vergangenen Jahren gemeinsam verstanden, trotz schwierigsten Rahmenbedingungen in einem Spannungsverhältnis von Sparen und Gestalten wichtige Fortschritte für die Stadt zu erzielen und die Grundlagen für eine gedeihliche Entwicklung unseres Gemeinwesens zu erhalten und zu verstärken.

Diesen Weg, der – das sei am Rande bemerkt - auch durchaus lobende Worte der ansonsten eher kritischen Rechtsaufsicht gefunden hat, führen wir mit dem Haushalt 2007 fort.

Wir werden diesen Weg weiter gehen mit einem nach innen und außen gestärkten Selbstbewusstein, das auf belegbaren Fakten beruht.
 Die unübersehbaren Fortschritte bei der Konversion des Flughafenareals und in der Stadt-entwicklung.
 Die Chrysanthema, die sich zu einer Veranstaltung mit hoher Qualität und einer großen Außenwirkung entwickelt hat.
 Die Verstärkung des bürgerschaftlichen Engagements, z.B. manifestiert in der Gründung der Bürgerstiftung.

Das sind Zeichen, die Liste ließe sich fortsetzen, die mich in meiner optimistischen Grundhaltung bestärken.

Ich bitte alle, die diesen erfolgreichen Weg mitgestalten und mitverantworten, dazu gehört der Gemeinderat an aller erster Stelle, gehen Sie diesen Weg weiter mit.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit und übergebe Ihnen hiermit den Entwurf des Haushaltsplanes 2007 zur Beratung in den Fraktionen.

Ich wünsche uns allen eine sachliche und fruchtbare Diskussion.