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23.07.2021 - Rückblick auf die „Fachkonferenz Innenstadt“ am 17. Juli 2021 Eine gemeinsame Vision entwickeln

„Wirtschaft“, „Stadtmarketing“, „Städtebau, Sanierung, Wohnen“, „Kultur, Bildung und städtische Immobilien“ sowie „Öffentlicher Raum, Freiraum, Ökologie und Mobilität“: Mit diesen fünf Themenfeldern haben sich Gemeinderat und Stadtverwaltung am Samstag, 17. Juli 2021, bei der ganztägigen „Fachkonferenz Innenstadt“ auseinandergesetzt.

„Unsere Innenstadt verfügt über viele Schätze: Kulturdenkmale und Plätze sorgen für ein malerisches Stadtbild, Einzelhandel und Gastronomie befinden sich auf hohem Niveau, Bildungs- und Freizeiteinrichtungen locken mit attraktiven Angeboten. Zugleich ist das Thema Innenstadt eine Daueraufgabe mit vielen Facetten, und Corona hat als Beschleuniger den Handlungsdruck verstärkt. Wir haben aber allen Grund, die Herausforderungen mit Freude und Zuversicht anzupacken. Gemeinsam wollen wir eine Vision für die Lahrer Innenstadt entwickeln umsetzen“, sagt Oberbürgermeister Markus Ibert. „Die Fachkonferenz hat gezeigt, dass Gemeinderat und Verwaltung dabei an einem Strang ziehen. Wir werden nun im nächsten Schritt die Ergebnisse aufbereiten und die erarbeiteten Handlungsempfehlungen nach der Sommerpause gemeinsam mit dem Gremien voranbringen.“

Die Lahrer Innenstadt wird ihre Funktion den Erkenntnissen aus der Fachkonferenz zufolge in den kommenden Jahren weiter ausdifferenzieren. Das Einzelhandelskonzept sieht vor, den Handel auf eine zentrale Achse mit Rundweg zu konzentrieren. Zugleich soll die Innenstadt als Wohn- und Kulturraum an Bedeutung gewinnen. Innovative Ansätze wie Co-Working-Spaces, also Flächen, die für eine zeitweise Nutzung als Büros zur Verfügung stehen, könnten künftig ebenfalls eine wichtige Rolle spielen. Um alle diese Entwicklungen voranzutreiben, gibt es die Absicht, ein neues Sanierungsgebiet in Angriff zu nehmen.

Zudem wird auf dem Post-Areal, einem potenziell prominenten Eingang zur Innenstadt, eine gemeinsame Projektentwicklung mit den Grundstückseigentümern angestrebt. Dort könnten sich unter anderem neue Entwicklungsperspektiven für zwei wichtige städtische Bildungseinrichtungen, die Volkshochschule und die Mediathek, sowie andere Verwaltungsdienstleistungen bieten. Einigkeit bestand darüber, dass die Innenstadt – nicht zuletzt vor dem Hintergrund des Klimawandels – noch grüner werden und für alle Bürgerinnen und Bürger ebenso wie für Besucherinnen und Besucher noch besser mit unterschiedlichen, insbesondere mit umweltfreundlichen, Verkehrsmitteln erreichbar sein soll.

Übergeordnetes Ziel ist damit, die Lahrer Innenstadt als vitalen und erlebnisreichen Raum für Begegnungen, Handel, Leben, Kultur, Freizeit und Arbeiten zu gestalten. Hierzu wird die Stadt einen Runden Tisch initiieren, um mit möglichst vielen Akteurinnen und Akteuren ins Gespräch zu kommen und neue Ideen zu entwickeln.

 

Hintergrundinformationen: Fachkonferenz Innenstadt am 17. Juli 2021

Fünf Themenfelder wurden aufbereitet, um alle Aspekte und Aufgabenbereiche der Innenstadt zu erfassen. Hier werden in Kurzform die Inhalte der Plakate erläutert und die wesentlichen Ergebnisse dargestellt:

 

Themenfeld Wirtschaft

Die Entwicklung des Online-Handels in Deutschland mit den Einflüssen der Pandemie wurde auf einem Plakat dargestellt. Die Leerstände in der Lahrer Innenstadt wurden neu kartiert und mit der letzten Erhebung von 2016 verglichen. Ansätze für neue gewerbliche Nutzungen wurden benannt und damit der Bogen zu den Potenzialflächen in Lahr hergestellt. Hier wurden das Post-Areal und der Rathausplatz als zwei Beispiele vertieft. Ein eigenständiges Plakat erhielt die Funktion Gesundheit: Wie viele Ärztinnen, Ärzte und Apotheken haben wir in der Innenstadt, auf welche Entwicklung müssen wir uns einstellen? Mit dem Fachärztezentrum versucht die Stadt, einen wichtigen Baustein für den Erhalt der Ärztelandschaft zu leisten.


Ergebnisse:

Der Online-Handel boomt, aber in der Summe hat er „nur“ einen Anteil am Gesamtumsatz inklusive Lebensmitteln von 13 Prozent. Bei den Non-Food-Sortimenten beträgt der Online-Anteil 23 Prozent. Es gibt einzelne Branchen, die einen wesentlich höheren Anteil haben. Dazu zählt beispielsweise das Sortiment Bekleidung mit knapp 40 Prozent. Dies trifft besonders die Lahrer Innenstadt, da Bekleidung hauptsächlich in der Innenstadt verkauft wird. Somit ist es begründet, mit einer Fachkonferenz den Fokus auf die Innenstadt zu legen.

Die Lahrer Leerstände belegen die Kernaussage des Einzelhandelskonzepts, den Handel auf eine zentrale Achse mit Rundweg zu konzentrieren. Insbesondere in den Nebenlagen sind andere Nutzungen für leerstehende Erdgeschosse zu entwickeln. Hierfür sind Immobilien wichtig, die in Größe und Qualität aktuellen Anforderungen von Nutzerinnen und Nutzern aus Handel, Gastronomie, Dienstleistung oder urbaner Produktion entsprechen. Ein kontinuierliches Leerstands- und Flächenmanagement soll dafür aufgebaut werden. Es gab zahlreiche Ideen für Ansätze – zum Beispiel Co-Working-Spaces, also Flächen für eine zeitweise Nutzung als Büro, erschienen vor dem Hintergrund der Pandemie als zukunftsfähig.

Auf Interesse stießen die Potenzialflächen. Dabei nahm das Post-Areal einen großen Raum ein. Hier wird eine gemeinsame Projektentwicklung mit den Grundstückseigentümern angestrebt. Ziel ist, eine Ergänzung für die Innenstadt zu schaffen – in einer verdichteten und hochwertigen baulichen Ausführung, die im Rahmen eines Wettbewerbsverfahrens ausgewählt wird.

Die Funktion Gesundheit ist zu erhalten und auszubauen. Das Fachärztezentrum wird hier ein bedeutender Baustein sein. Im Herbst 2021 wird der Entwurf Gegenstand der Beratungen in den Gremien sein.

 

Themenfeld Stadtmarketing

Nicht nur Lahr, auch viele andere Städten sehen sich mit einem starken Strukturwandel der Innenstadt konfrontiert. Dieser Strukturwandel hat bereits vor vielen Jahren eingesetzt und wurde im vergangenen Jahr durch die Pandemie beschleunigt. Veränderte Bedürfnisse und Nutzungsgewohnheiten der Bürgerinnen und Bürger sowie der Besucherinnen und Besucher fordern neue Ideen und Konzepte für zukunftsfähige Innenstädte. Das bedeutet, dass Innenstädte sich neu ausrichten und soziale, kulturelle und ökonomische Anforderungen der Stadtgesellschaft im Vordergrund stehen müssen.

Im Mittelpunkt der Kampagne „Außen Lahr. Innen Stadt.“ steht die Gestaltung einer zukunftsfähigen Innenstadt mit unverwechselbarer Identität. Zunächst galt es, die vielfältige Nutzung der Innenstadt zu benennen, um anschließend heutige und künftige Akteurinnen und Akteure der Innenstadt daraus abzuleiten.

Aktuelle Ergebnisse einer Unternehmensbefragung, zwei Gesprächsrunden der Verwaltungsspitze mit maßgeblichen Innenstadtakteuren sowie zahlreiche persönliche Gespräche dienten als Basis, die zukünftigen Aufgaben des Stadtmarketings für eine erlebnisreiche Innenstadt abzustecken. Gesondert betrachtet wurde das Thema Tourismus in Lahr, dem bislang bei rund 87,2 Millionen Euro Umsatzvolumen im Jahr (dwif Tourismusstudie 2018) insgesamt zu wenig Bedeutung als Wirtschaftsfaktor und Innenstadtmotor beigemessen wird.


Ergebnisse:

Übergeordnete Zielsetzung ist eine Gestaltung der Lahrer Innenstadt in einen vitalen und erlebnisreichen Raum für Begegnungen, Handel, Leben, Kultur, Freizeit und Arbeiten. Die Kommunikationsstrategie der Innenstadtkampagne „Außen Lahr. Innen Stadt.“ soll fortgeführt werden.

Das Stadtmarketing wird einen „Runden Tisch“ mit Anwohnerinnen und Anwohnern, Handel, Veranstalterinnen und Veranstaltern, Gastronomie und anderen Akteurinnen und Akteuren initiieren, um die unterschiedlichen Interessen auszuloten. Mit der „Initiative Innenstadt“ sollen möglichst alle Bürgerinnen und Bürger angesprochen und aktiv in die Mitgestaltung der Innenstadt eingebunden werden. Eine zentrale Rolle spielen dabei die Eigentümerinnen und Eigentümer der Immobilien.

Der Tages- und Übernachtungstourismus ist auf Grund seiner Wirtschaftskraft und als Innenstadtmotor auszubauen.

Das Thema Lichtkunst soll als ein Alleinstellungsmerkmal für Lahr im Sommer, Herbst und Winter ausgebaut werden. Die Chrysanthema soll weiter fortentwickelt und neue Veranstaltungsformate sollen für die Innenstadt initiiert werden.

Ein weiteres Feld waren die Stadteingänge und die Ausschilderung der Innenstadt, die insbesondere für Ortsunkundige nur schwer auffindbar ist.

Ein Gros der Anwesenden wünscht sich eine integrierte Nutzung des Rathausplatzes mit mobilen Grünelementen, Wasserspielen und Veranstaltungen.

 

Themenfeld Städtebau, Sanierung, Wohnen

Mit dem Rahmenplan Innenstadt von 2003 wurden wichtige Eckpunkte für die Stadtentwicklung gesetzt: Stärkung der Wohnfunktion, Schaffung weiterer Kulturangebote in der Innenstadt und nicht mehr ausschließliche Konzentration auf den Handel.

Ergänzt um das Einzelhandelskonzept von 2017 wurde speziell auf die Situation des Handels eingegangen – mit der Zielsetzung, die Handelsachse zu konzentrieren.
Auf zwei Plakaten wurden die Sanierungsgebiete der vergangenen 40 Jahre in einem kurzen Steckbrief vorgestellt und der finanzielle Umfang der Unterstützung durch den Bund und das Land im laufenden Verfahren der „Nördlichen Altstadt“ benannt. Doch es gibt immer noch Aufgaben, die noch nicht gelöst sind, wie zum Beispiel die Sanierung des Stiftsschaffneigebäudes.

Ein „Schatz“, den wir haben, sind unser Stadtbild und die 170 Kulturdenkmale, die wir häufig gar nicht mehr wahrnehmen, weil wir sie als selbstverständlich annehmen.
In einem weiteren Plakat wurden die Wohnungsbauvorhaben in der Innenstadt und in den direkt angrenzenden Bereichen der letzten 15 Jahre verortet, die zu einem deutlichen Bevölkerungsanstieg führten. Weitere Plakate widmeten sich den Themen  Sanierungsgebiete und Stadtbild.


Ergebnisse:

Seit vier Jahrzehnten gibt es in der Innenstadt Sanierungsgebiete mit unterschiedlichen Abgrenzungen. Das gegenwärtige Gebiet „Nördliche Altstadt“ soll 2023 zum Abschluss gebracht werden. Die Stadt hat in vorbildlicher Weise dieses Instrument genutzt und in der Folge eine millionenstarke Unterstützung durch Bund und Land erfahren.

Vor diesem Hintergrund gibt es die Absicht, ein neues Sanierungsgebiet in Angriff zu nehmen. Zielvorstellung ist, die Handelsnutzung auf die zentrale Achse mit einem Rundweg über den Marktplatz und den Museumsplatz zu konzentrieren. Entlang der Marktstraße soll geprüft werden, ob Flächen im Erdgeschoss zusammengelegt werden können, um attraktive zeitgemäße Handelsflächen zu schaffen. Die Obergeschosse sollen für eine Wohnnutzung aktiviert werden. Erste Schritte wären 2022 die vorbereitenden Untersuchungen, um fachliche Grundlagen für eine Abgrenzung zu erarbeiten

Eine Fortschreibung sowohl des Rahmenplanes als auch des Einzelhandelskonzepts wird als sinnvoll angesehen. Eine Weichenstellung für das Post-Areal soll im Herbst 2021 erfolgen.

Wie schon im Rahmenplan von 2003 vorgeschlagen, nimmt das Wohnen einen immer größeren Stellenwert in der Innenstadt ein. Die Einwohnerzahlen steigen kontinuierlich stark an. Trotz möglicher Konflikte mit Außengastronomie und Freiluft-Veranstaltungen soll dieser Trend  fortgesetzt werden.

 

Themenfeld Kultur, Bildung und städtische Immobilien

In zahlreichen Gebäuden und auf verschiedenen Plätzen findet Kultur in der Innenstadt statt. Durch das Stadtmuseum und den Museumsplatz haben sich neue Möglichkeiten ergeben, die nun tatkräftig beworben und genutzt werden, soweit es die Pandemie zulässt.

Zwei wichtige Bildungseinrichtungen – die Mediathek und VHS – können aber nicht das leisten, was sie könnten und möchten, weil sie in räumlichen Verhältnissen arbeiten, die viele Angebote ausschließen. Kann das Post-Areal hierfür genutzt werden? Welche Konsequenzen hätte dies für das Mehrgenerationenhaus?

Weiter wurde dargestellt, wie viele städtische Gebäude sich im Eigentum der Stadt befinden – ergänzt um einen Steckbrief zur Fläche und zu ihrem Sanierungsbedarf. Ergeben sich in diesem Rahmen Perspektiven für eine Reduktion?


Ergebnisse:

Das Post-Areal soll als zukunftsweisendes zentrales Innenstadtprojekt, als „Dritter Ort“, mit Mediathek, VHS sowie anderen Verwaltungsdienstleistungen entwickelt werden. In der Folge könnte dann das Mehrgenerationenhaus im Haus zum Pflug konzentriert werden. Die Aufteilung auf zwei Standorte und die Separierung nach Altersklassen wäre damit aufgehoben.

Die städtischen Immobilien sind darauf zu überprüfen, ob sie alle im Eigentum der Stadt verbleiben sollten oder ob nicht einzelne auch veräußert werden können. Ein Handlungsansatz könnte eine Konzeptvergabe sein. Dies bedeutet, dass nicht der Verkaufspreis, sondern die Sanierungs- und Nutzungskonzeption über den Zuschlag entscheidet.

 

Themenfeld öffentlicher Raum, Freiraum, Ökologie und Mobilität

Lahr verfügt über sehr schöne Plätze, die unterschiedlich genutzt und angenommen werden. Welchen Anspruch haben wir an unsere Innenstadt? Welches Image möchten wir pflegen und ausbauen?

Zeigen sich die gesellschaftlichen und demografischen Veränderungen auch in unseren öffentlichen Räumen? Wie sind wir mit Grün versorgt? Wo können wir nachhaltig für mehr Abkühlung und Verschattung sorgen, um trotz Klimawandel die Innenstadt als Lebens- und Wohnraum zu befördern? Hierzu waren zwei Plakate entworfen worden, die bestehende Situationen beispielhaft wiedergaben und mit Einzeichnungen auch Verbesserungspotenziale aufzeigten.

In drei weiteren Plakaten ging es um die Erreichbarkeit der Stadt als eine Grundvoraussetzung. Im Rahmen des Verkehrsentwicklungsplans sind zahlreiche Vorschläge für den ÖPNV, den Rad- und den Fußverkehr enthalten. Die umweltfreundlichen Verkehrsmittel sollen besonders gefördert werden. Daneben wird das Leben in der Innenstadt stark vom Lieferverkehr geprägt. Wie können wir ihn stadtverträglicher organisieren?


Ergebnisse:

Welches „grüne“ Selbstverständnis hat die Stadt? Welche Beiträge können und wollen wir leisten, um diesen Ort trotz Klimafolgen lebenswert zu erhalten? Hier wurden interessante Aspekte aufgezeigt, wie zum Beispiel die zahlreichen Höfe, die durchaus auch als Rückzugsorte wirken können. Die gesellschaftlichen und demografischen Veränderungen erfordern eine Anpassung im Hinblick auf die Ausgestaltung und sollen künftig stärker thematisiert werden.

Die Innenstadt soll nach wie vor für alle erreichbar sein. Der Verkehrsentwicklungsplan setzt besonderes Augenmerk auf die umweltfreundlichen Verkehrsmittel ÖPNV, Rad und Füße. Im Herbst wird es erste Vorschläge für eine stufenweise Umsetzung geben.