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14.03.2024 - Ausstellung von Aline Xavier zum Symposium zu Georg Heinrich von Langsdorff Die Langsdorff-Expedition – Vor deinen Augen

"Before your Eyes – Vor deinen Augen" ist eine Ausstellung der brasilianischen Künstlerin Aline Xavier, die von Samstag, 20. April, bis einschließlich Sonntag, 8. September 2024, im Rahmen des Symposiums „Lahr, Langsdorff, Lateinamerika. Deutsche Weltreisende und die transatlantischen Beziehungen im 19. Jahrhundert“ in der Villa Jamm in Lahr zu sehen ist.

Ausstellungseröffnung ist am Samstag, 20. April, 2024, um 16:30 Uhr in der Villa Jamm im Stadtpark Lahr. Realisiert wurde die Schau anlässlich des 250. Geburtstags des Naturforschers und Arztes Georg Heinrich von Langsdorff.

Aline Xavier setzt sich in ihrem Ausstellungsprojekt künstlerisch mit der Expedition Langsdorffs auseinander, die ihn und seine Entourage von 1822 bis 1829 über Tausende von Kilometern durch Brasilien führte. Wie die meisten geografischen Expeditionen dieser Zeit verband auch Georg Heinrich von Langsdorffs Reise wissenschaftliche und kulturelle Forschung. An dem Unternehmen waren sowohl Wissenschaftler als auch Künstler beteiligt, darunter der deutsche Maler Johann Moritz Rugendas, der französische Maler Adrien Taunay und der französische Künstler und Erfinder Hercule Florence.

Die Expedition wurde von der russischen Krone finanziert: Alexander I. stellte den Forschern Hunderttausende Rubel zur Verfügung. Während der gesamten Dauer der Reise wurden die meisten Artefakte nach St. Petersburg transportiert. Im Jahr 2022 – 200 Jahre nach Beginn der historischen Expedition – schlug Aline Xavier eine Gegenexpedition auf der Suche nach den Überresten der Langsdorff-Expedition vor: „Ich wollte in Russland, Deutschland und Frankreich recherchieren, um diese Funde zu katalogisieren, aber auch neue Kunstwerke schaffen, die die Verbindung zwischen diesen verschiedenen Territorien und Kulturen aus heutiger Perspektive untersuchen.“

Während ihres Aufenthalts in Russland arbeitete Aline Xavier mit dem Material der Langsdorff-Expedition, das in Sankt Petersburg in fünf verschiedenen Museen und Archiven der Russischen Akademie der Wissenschaften aufbewahrt wird. Diese Dokumente und Artefakte waren mehr als ein Jahrhundert lang in Vergessenheit geraten. Erst in der Sowjetzeit wurden die Objekte und Dokumente aus dem Nachlass von Langsdorffs auf Initiative des Historikers Prof. Dr. Boris Komissarov gründlich systematisiert und archiviert.

„Es war unglaublich, dieses Archiv vor meinen Augen zu haben“, sagt Aline Xavier. „Für das Projekt habe ich mich den Originaldokumenten und Artefakten gewidmet, die nie der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurden. Und während ich meine eigenen Kunstwerke schuf, habe ich mit den Techniken und Methoden experimentiert, die von den Expeditionsteilnehmern angewendet wurden. Hercule Florence etwa, der als einer der Väter der Fotografie gilt, verwendete eine einzigartige Methode zur Fixierung von Papierabzügen. In meiner Arbeit beziehe ich mich unter anderem darauf. In seinen Tagebüchern machte sich Florence zudem über die Möglichkeit Gedanken, Stimmen von Tieren in Partituren zu dokumentieren. Er gilt als Pionier für das, was wir heute Bioakustik nennen. In meiner Ausstellung arbeite ich unter anderem mit Geräuschen aus der Natur, die ich vor Ort finden konnte. Trotz der kolonialen Gewalt, die solche Expeditionen ermöglichten und begleiteten, zeugten sie auf der anderen Seite von viel Neugier und Kreativität, die mit den Werten und Anliegen unserer Zeit in Einklang stehen.“

In ihrem Gegenexpeditions-Projekt führt Aline Xavier Reproduktionen aus den Originalarchiven, Dokumentationen ihrer Museums- und Archivbesuche in St. Petersburg sowie zeitgenössische Arbeiten zu einer multidisziplinären Ausstellung zusammen, die Fotografie, Film, Skulptur und Installation miteinander verbindet.

Während einer Künstlerresidenz in der Cité Internationale des Arts in Paris arbeitete sie bis vor wenigen Wochen an der künstlerischen Forschung zur Zoophonie von Hercule Florence. In ihrer Einzelausstellung in der Villa Jamm wird sie sich auch mit regionalen Aspekten der Geschichte Lahrs befassen, etwa dem Vorkommen von Sandstein in der Region und seiner Verwendung für die Gräber Georg Heinrich von Langsdorffs und seiner Familie sowie der Geschichte der deutschen Bauern, die nach Brasilien auswanderten. Die Ausstellung umfasst zudem eine große Auswahl von Objekten aus der Sammlung von Dr. Wolfgang G. Müller, der seit langem zu von Langsdorff forscht und sich in Brasilien auf Spuren seiner Expedition machte.

Aline Xavier geboren 1984 in Belo Horizonte, ist eine multidisziplinäre Künstlerin, deren Arbeit – Film, Fotografie, Skulptur und Installation – mit der Dokumentation ökologischer und sozialer Aspekte ihres Heimatstaates Minas Gerais in Brasilien begann, einer Region, die von einer vielfältigen Natur und politischen Kämpfen um die Kontrolle ihrer Ressourcen geprägt ist. Im Mittelpunkt der Arbeit der Künstlerin steht die Katalogisierung von individuellen und kollektiven Geschichten, meist in Verbindung mit der natürlichen Welt. Durch die genaue Beobachtung von Natur und Gesellschaft integriert sie in ihre Projekte verschiedene Materialitäten und Erfahrungen. Im Zentrum ihrer Arbeit steht das Kollektiv. Sie aktiviert Netzwerke von Menschen und Orten und arbeitet eng mit denjenigen zusammen, denen sie begegnet. Ob in den Bergbaugebieten Brasiliens oder mit Gemeinschaften aus anderen abgelegenen Gegenden des Globalen Südens: Aline Xavier konzentriert sich in ihrer Arbeit auf den Austausch gelebter Erfahrungen.

Aline Xavier wurde mit dem Videobrasil Art Prize und dem Foco ArtRio Prize ausgezeichnet und erhielt Stipendien von Kunstinstitutionen wie der Akademie Schloss Solitude, der Sacatar Foundation, der Cité Internationale des Arts und Berlinale Talents. Sie studierte zeitgenössische Kunst an der Katholischen Universität von Minas Gerais und am Kunstzentrum INHOTIM sowie Soziale Kommunikation und Filmkunst an der Bundesuniversität von Minas Gerais. Ihre Arbeiten wurden international in Kulturinstitutionen und auf Filmfestivals gezeigt, darunter im Württembergischen Kunstverein (Stuttgart), in der Kunsthal KAde (Niederlande), im Centre Pompidou (Paris, Frankreich), Lund Museum of Public Art (Lund, Schweden), Tsaritsyno Museum (Moskau, Russland), Mohsen Gallery (Teheran, Iran), A4 Arts Foundation und Zeitz Museum (beide Kapstadt, Südafrika), an der Johannesburg Art Fair (Johannesburg, Südafrika), Inhotim art Center (Brumadinho, Brasilien), Museu de Arte do Rio, (Rio de Janeiro, Brasilien), Solar dos Abacaxis (Rio de Janeiro, Brasilien), Oi Futuro Flamengo (Flamengo, Brasilien), Museu de Arte da Pampulha (Pampulha, Brasilien) sowie im Centro Cultural (São Paulo, Brasilien).