Lahrer Zeitungen, Badische Zeitung, Lahrer Zeitung, Lahrer Anzeiger

07.11.2006 - Der Mensch – frei und verantwortlich?

Die Erkenntnisse und Thesen der sogenannten Neurophilosophie“ stehen im Mittelpunkt eines dreiteiligen Kurses, der ab dem 14. November von der Volkshochschule Lahr angeboten wird.

Wie frei ist der Mensch? Kann er wirklich wollen? Ist er tatsächlich verantwortlich für seine Handlungen? Jeder von uns fühlt sich eigentlich als eine unverwechselbare, einmalige Persönlichkeit. Auch die traditionelle Philosophie respektierte dieses Grundempfinden und versuchte, dieses Ich in uns in seiner Einheit zu fassen und rational zu begründen. Hierzu gehören solche Phänomene wie das Selbstbewusstsein, die freie Willensentscheidung und die darauf gründenden bewussten Handlungen. Dieses zusammen wirft uns in eine Situation der persönlichen Verantwortlichkeit für unser Denken, Wollen und Handeln. Und auf diesen Grundannahmen menschlichen Seins basiert unsere gemeinschaftliche Ordnung mit Geboten und Verboten, Pflichten und Möglichkeiten. Diese Grundfeste unseres Seinsverständnisses geraten mit zunehmender Erkenntnis der Funktionsweise unseres Gehirns immer stärker ins Wanken. Die sogenannten mentalen Phänomene werden aus naturwissenschaftlicher Sichtweise immer konkreter auf diverse neuronale Tätigkeiten zurückgeführt, die insofern rein deterministisch ablaufen. Dahinter stehen physiko-chemische Prozesse, die keinen Platz für ein Ich, für Freiheit, Wille und Verantwortung lassen.
Die neurowissenschaftlichen Ergebnisse verändern somit unser Selbstverständnis, und zwar derart, dass wir gezwungen sind, über die jeweilige Verantwortlichkeit für Handlungen und somit über moralische Normen sowie Belohnungs- und Strafsysteme neu nachzudenken. Unsere Gesellschaftsordnung steht damit auf dem Spiel. Es gilt deswegen zu klären, ob wir als Personen wirklich auf Gehirntätigkeiten reduzierbar sind oder ob die Neurowissenschaften trotz ihrer faszinierenden Ergebnisse nicht doch einem Denkfehler unterliegen.