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18.08.2017 - Stadtverwaltung hautnah Serie: Was macht eigentlich…? - Teil 3: Dr. Michael Dutschke, Klimaschutzmanager in Lahr

Morgens ist er einer der Ersten, wenn er sein knallgrünes Faltrad in den Rathaushof schiebt. Seit einem Dreivierteljahr pendelt Dr. Michael Dutschke mit Rad und Zug zwischen Offenburg und Lahr, um den Klimaschutz in Lahr voranzubringen. "Ich bin bekennender Schönwetter-Radler", gibt er zu. Bei Regen steige er auch lieber in den Bus.

Er liebt die Ruhe am Morgen, bevor die ersten Anrufe und E-Mails kommen. Dann liest er die aktuellen Newsletter zu den Themen Klimawandel, Energiewende und Umwelt. "In dieser Zeit kommen mir die besten Ideen", so Dutschke. Seine Lektüre stehe immer unter dem Fokus: Gibt es gute Beispiele, neue wissenschaftliche Erkenntnisse, Technologien oder Förderprogramme, die zur Umsetzung des Lahrer Klimaschutzkonzepts beitragen können? „Meine Arbeitsbereiche sind so vielfältig“, meint er, „da ist es wichtig, immer den richtigen Zeitpunkt für neue Vorschläge zu erkennen“.

Dr. Michael Dutschke steht im Innenhof am Rathaus 1 in Lahr. Hinter ihm ein kleiner Park mit einem Springbrunnen und bunten Blumen. Er hat graues kurzes Haar, das er zurückgekämmt trägt. Dutschke hat ein weißes Hemnd und eine blaue Jeans an.
Dr. Michael Dutschke, Klimaschutzmanager bei der Stadt Lahr

Dutschkes Aufgabe ist es, das Integrierte Klimaschutzkonzept der Stadt Lahr, das es seit 2012 gibt, in die Praxis umzusetzen. Das führt ihn in alle Bereiche der Lahrer Stadtverwaltung. Dass er dabei überall auf offene Ohren stößt, überrascht und erfreut ihn zugleich. Das Meiste, so der Klimaschutzmanager, lerne er von den Menschen selbst. Er gewinne Verständnis für die Strukturen, Vorschriften und Verwaltungsvorgänge, hinter denen Menschen stehen, von denen jeder einzelne, für die Stadt das Beste geben will, erklärt er. "Nur wenn ich diese Menschen verstehe, kann ich ihnen dabei helfen, klimafreundlich zu handeln.“ Lösungen im Klimaschutz, so Dutschke, müssten sich an die Bedürfnisse der Menschen anpassen, nicht umgekehrt.

 

Und das ist es auch, was er an seiner Arbeit so mag: „Als eine Art Schnittstelle zwischen Stadt, Bürgern und Unternehmen lerne ich täglich neue Menschen kennen, lerne jeden Tag Neues hinzu und darf mich mit immer neuen Aspekten befassen.“ Was er bei seinem Auftrag als schwierig empfindet ist, die Menschen zu überzeugen selbst aktiv zu werden. „Nur von der guten Sache selbst zu überzeugen ist leicht, erzählt er, „Alle finden Umwelt- und Klimaschutz toll, solange es andere tun. Die Herausforderung liegt darin, die Menschen dazu zu bringen in ihrem Bereich ihre eigene Zeit und Kraft zu investieren.“

 

Seit über 20 Jahren engagiert er sich beruflich und ehrenamtlich für den Klimaschutz. Als Politikberater war er für die UNO an der Vorbereitung der internationalen Grundsatzbeschlüsse und Klimaziele beteiligt. Er beriet auch Klimaprojekte in Lateinamerika, Südostasien und Afrika, oft im Auftrag der deutschen Entwicklungshilfe. "Da habe ich viel Respekt vor Menschen gewonnen, die dem Klimawandel viel direkter ausgesetzt sind als wir", fasst er seine Erfahrungen zusammen. „Gerade einige der ärmsten Länder gehen derzeit voran, indem sie ‚gutes Leben‘ zum Staatsziel machen, vor dem materiellen Wohlstand!“

 

Nur vor Ort, erklärt er, würden die Klimaziele der „großen Politik" mit Leben erfüllt. Deshalb sei es nur logisch, dass die Bundesregierung seine Stelle bis zu fünf Jahre lang mitfinanziert. "Da kann die Regierung jahrelang fürs Energiesparen werben. Selbst millionenschwere Förderprogramme werden manchmal nicht angenommen. Wenn die Leute in Lahr und anderswo kein eigenes Interesse daran entwickeln, passiert gar nichts", so Dutschke. Und was würde er einem raten, der in seine Fußstapfen treten und auch als Klimaschutzmanager arbeiten möchte? „Geduld!“, sagt er, „Geduld in der Sache und Bereitschaft, sich in Details einzulassen.“ Zugleich brauche man ein robustes Überblickswissen und Kommunikationsfähigkeit. Seine Aufgabe bringt ihn täglich in Kontakt zu Bürgern und Lahrer Unternehmen. „Wenn wir als Verwaltung morgen keine Energie mehr verbrauchen würden, dann würden wir damit genau zwei Prozent der Lahrer Treibhausgase einsparen". Daher sei es Aufgabe der Kommune, mit gutem Beispiel voranzugehen: bei Heizung und Beleuchtung der öffentlichen Gebäude, bei der Verkehrswende, und beim umweltbewussten Herstellen von Drucksachen. Nachhaltiger Wandel auf dem Weg zu einem klimafreundlichen Lahr sei aber nur zu erreichen, wenn Betriebe und Haushalte gemeinsam mit der Stadt aktiv werden, erklärt Dutschke.

 

Dabei ginge es ihm weder als Privatmensch noch bei seiner Arbeit darum, dass man an allen Ecken immer alles richtig machen müsse. „Jeder merkt im täglichen Leben, welche Entscheidungen ihm selbst und der Welt gut tun und wo Kompromisse notwendig sind. Das Bewusstsein ist wichtig.“ Gute Vorbilder schaffen, so versteht er auch Aktionen wie "alles LeuchtED", in der vier Testhaushalte ihre Glühlampen durch energiesparende LED-Lampen ausgetaucht haben. Verbindungen schaffen, aus denen Mehrwert für die Beteiligten erwächst, so definiert Dutschke sein Netzwerken auf kommunaler Ebene. "Klimaschutz funktioniert nur, wenn er allen Beteiligten Nutzen bringt. Vom guten Gewissen allein kann keiner leben". Neue Energietechnologien, Verkehrskonzepte und Klimaanpassung, das seien die Geschäftsfelder der Zukunft, in denen für Lahr noch viel Entwicklungspotenzial läge.

 

Was treibt einen an, sich Tag für Tag mit dem Thema Klimawandel auseinanderzusetzen, das doch oft so hoffnungslos scheint? „Wir leben in einer aufregenden Zeit", sagt der Lahrer Klimaschützer. Das Ziel, die globale Erwärmung in diesem Jahrhundert auf höchstens zwei Grad zu begrenzen, sei mit herkömmlichen Rezepten nicht zu erreichen. „Denken Sie an die Themen Wiederaufbau, Mondlandung, Wiedervereinigung, Internet und Bankenkrise: Klimapolitik ist größer als das alles zusammen. Altes funktioniert nicht mehr, und neue Ideen werden dringend gebraucht.“ Besonders für die jungen Leute sei es eine große Herausforderung und zugleich eine spannende Erfahrung, den technologischen und gesellschaftlichen Wandel mitzugestalten.

 

 

Steckbrief

Der promovierte Politikwissenschaftler und Ökonom Michael Dutschke arbeitete 20 Jahre als wissenschaftlicher Berater im internationalen Klimaschutz, bevor er im Oktober 2016 nach Lahr kam. Der gebürtige Schwabe lebt mit seiner Familie in Offenburg.

Bei der Stadtverwaltung Lahr gehört er zur Stabsstelle Umwelt.