Lahrer Zeitungen, Badische Zeitung, Lahrer Zeitung, Lahrer Anzeiger

23.04.2024 - Stadt Lahr tritt der Arbeitsgemeinschaft zum Erhalt und zur Pflege des Deportiertenfriedhofs bei Gedenken in Gurs unterstützen

Reihen von Gräbern mit einheitlichen schlichten Grabsteinen
Gräber auf dem Deportiertenfriedhof Gurs
Quelle: Stadt Karlsruhe
Die Stadt Lahr tritt zum 1. Mai 2024 der Arbeitsgemeinschaft zum Erhalt und zur Pflege des Deportiertenfriedhofs in Gurs bei. Dort befinden sich 1073 Gräber, die an die Opfer des nationalsozialistischen Terrors erinnern – darunter auch Menschen aus Lahr und Umgebung.

Am 22. Oktober 1940 wurden mehr als 6500 badische, pfälzische und saarländische Bürgerinnen und Bürger jüdischer Abstammung festgenommen, in Sonderzügen nach Frankreich gebracht und im Internierungslager Gurs am Fuße der Pyrenäen eingesperrt. Alle registrierten Jüdinnen und Juden, die irgendwie transportfähig waren, mussten mitkommen: kleine Kinder, alte und gebrechliche Menschen, Männer und Frauen. Nur wer mit einem „arischen“ Partner oder einer „arischen“ Partnerin verheiratet war, konnte bleiben.

45 Lahrerinnen und Lahrer waren von der Deportation am 22. Oktober 1940 betroffen. 23 von ihnen wurden direkt aus Lahr verschleppt, die übrigen lebten zu diesem Zeitpunkt in anderen badischen Städten. Viele alte und geschwächte Menschen überlebten den ersten Winter in Gurs nicht. Zwischen 1942 und 1944 wurde etwa ein Drittel der jüdischen Menschen, die nach Gurs deportiert worden waren, in die Vernichtungslager von Majdanek, Sobibor oder Auschwitz – allesamt im besetzten Polen – verbracht.

Der heutige Deportiertenfriedhof ist ein Mahnmal zur Erinnerung an das Lager Gurs. Bereits 1945 hatte der Verband der jüdischen Gemeinschaften der Basses-Pyrénées ein Denkmal für die Opfer errichtet. Der Friedhof verwilderte jedoch im Laufe der Jahre zusehends. Daraufhin brachten die badischen Städte, Gemeinden und Kreise, aus denen jüdische Bürgerinnen und Bürger in Gurs begraben sind, mit einer Spendenaktion die Gesamtkosten der Neugestaltung auf.

Der renovierte Friedhof, den die Gemeinde Gurs dem Oberrat der Israelitischen Religionsgemeinschaft Baden für 99 Jahre verpachtet hat, wurde am 26. März 1963 eingeweiht. Die fünf Städte Karlsruhe, Mannheim, Freiburg, Heidelberg und Pforzheim sagten zu, die Kosten für die weitere Unterhaltung und Pflege des Friedhofs gemeinsam zu tragen. Elf weitere Städte sowie der Bezirksverband Pfalz sind bislang hinzugekommen, die Stadt Lahr tritt der Arbeitsgemeinschaft nun als 18. Mitglied bei.

„Am 3. Februar dieses Jahres haben sich etwa 4.000 Menschen aus Lahr und der gesamten Umgebung auf dem Rathausplatz versammelt, um Rechtsextremismus, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit eine klare Absage zu erteilen. Hierfür setzt die Stadt Lahr mit ihrem Beitritt zur Arbeitsgemeinschaft zum Erhalt und zur Pflege des Deportiertenfriedhofs in Gurs nun ein weiteres Zeichen“, betont Oberbürgermeister Markus Ibert. „Den Menschen, die im Oktober 1940 nach Frankreich deportiert wurden, wurde alles genommen: ihre Heimat, ihre Angehörigen, ihre Identität, ihr Leben. In Lahr erinnern an ihre Schicksale 23 Stolpersteine vor den letzten Wohnhäusern der Deportierten sowie der Gedenkstein auf dem Friedrich-Ebert-Platz, dessen Zwillingsstein Teil des Mahnmals in Neckarzimmern ist. In Gurs ist es der Friedhof, der als mahnende Gedenkstätte wirkt – für das dunkelste Kapitel unserer Geschichte, das sich niemals wiederholen darf.“

Der Beitritt zur Arbeitsgemeinschaft erfolgt auf Initiative und Entscheidung von Oberbürgermeister Markus Ibert. Der jährliche Mitgliedsbeitrag beläuft sich auf 300 Euro. Die nächste Gedenkveranstaltung auf dem Deportiertenfriedhof in Gurs, zu der die Arbeitsgemeinschaft gemeinsam mit dem Oberrat der Israelitischen Religionsgemeinschaft Baden einlädt, ist für Sonntag, 27. Oktober 2024, vorgesehen.