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28.07.2016 - OB Dr. Müller: „Ich will die Ortschaftsräte stärken“

Die Neufassung der Gemeindeordnung Baden-Württemberg macht u.a. eine Neufassung der Hauptsatzung der Stadt Lahr erforderlich. Hierzu hat die Stadtverwaltung einen Entwurf ausgearbeitet, der diesen Sommer und Herbst in den Ortschaftsräten und einer Reihe weiterer Gremien beraten wird, bevor der Gemeinderat darüber entscheidet. OB Dr. Müller: „Die Änderungen sind aus formalen Gründen notwendig bzw. gehen auf Effizienz- und Verbesserungsvorschläge städtischer Verwaltungsstellen zurück. Weder der Gemeinderat noch die Ortschaftsräte sollen qualitativ in ihren Kompetenzen beschnitten werden. Vor allem habe ich es selbst zur Maßgabe gemacht, die Ortschaftsratsgremien stark zu halten und ggf. noch weiter zu stärken. Die Autorisierung des Verwaltungsentwurfs habe ich genau mit diesem Ziel verbunden und in den Beratungslauf gestartet. Ich habe die Ortsvorsteher gebeten mir ggf. unter Beteiligung der Ortschaftsräte Vorschläge für eine geeignete Stärkung der Ortschaftsräte zu unterbreiten. Ich bin für jeden sinnvollen Vorschlag offen. Ausdrücklich begrüße ich es, dass über die Verwaltungsvorlage grundsätzlich und umfänglich diskutiert wird. Ich bin sicher, dass wir gemeinsam eine gute Lösung finden, die den Anforderungen von Bürgernähe, Verwaltungseffizienz und einer starken Stellung des Ehrenamts gleichermaßen Rechnung trägt. Die Ausgewogenheit in diesem Dreiklang ist mir ein persönliches Anliegen. Um dieses Ziel zu erreichen, bedarf es aber einer umfassenden und ergebnisoffenen Diskussion. Ich bin überzeugt, dass sich der Gemeinderat und die Ortschafträte konstruktiv in diese Debatte einbringen werden, um eine sinnvolle und allen Aspekten gerecht werdende Zuständigkeitsverteilung für die nächsten Jahre zu erreichen.“

Um den Mitgliedern der kommunalen Gremien eine intensive Beschäftigung mit diesem komplexen und umfangreichen Thema zu ermöglichen, hat die Stadtverwaltung dem Ältestenrat des Gemeinderats bereits Anfang/Mitte Juli einen ersten Überblick über die möglichen Änderungen verschafft und die Ortsvorsteher bzgl. möglicher Änderungen für die Ortschaftsräte informiert. Inzwischen haben alle Mitglieder des Gemeinderats ein umfängliches Informationspaket als Grundlage der eigenen Beratungen, unter anderem in den jeweiligen Fraktionen, erhalten. Neben der Hauptsatzung sind noch weitere Vorschriften wie zum Beispiel die Geschäftsordnung des Gemeinderats betroffen. Einige Ortschaftsräte haben bereits öffentlich ein erstes Mal darüber beraten. Nach der Sommerpause sollen dann die Beratungen fortgesetzt werden.

Die Anpassung der Vorschriften, insbesondere die Neujustierung der Zuständigkeiten, dient dazu, die kommunalen Gremien von Alltagsgeschäft und „Scheinbeteiligungen“ zu entlasten und rechtssichere sowie effiziente Regelungen zu schaffen. Außerdem wurden die meisten Betragsgrenzen der Geldwertentwicklung, der Haushaltsentwicklung der Stadt Lahr und dem Zuwachs an Aufgabenstellungen der Stadtverwaltung angepasst. Teilweise wurden betroffene Vorschriften zuletzt vor Jahrzehnten angepasst. Vielfach sind die örtlichen Vorschriften der landesweiten Fortschreibung übergeordneten Rechts - vor allem der Gemeindeordnung - anzupassen. Ein Beispiel hierfür ist die rechtssichere Abgrenzung zwischen den Gremienzuständigkeiten und dem gesetzlichen Zuständigkeitsbereich des Oberbürgermeisters, der nicht übertragen werden kann, auch nicht auf den Ortschaftsrat. Eine spezielle Situation stellen Vergabeentscheidungen dar. Schon bisher bestand keine Entscheidungsfreiheit für den Rat, da das Ergebnis rechtlich vorbestimmt ist. Deshalb schlägt die Verwaltung vor, dies auch formal aus der Zuständigkeit der Ortschaftsräte und der gemeinderätlichen Gremien zu nehmen, um „Scheinbeteiligungen“ zu vermeiden. Hinzu kommt, dass Vergaben sich aufgrund vorgegebener Sitzungsintervalle immer wieder verzögern, solange die formale Bindung an einen Gremienbeschluss besteht.

In einem Schreiben von Oberbürgermeister Dr. Müller an die Ortsvorsteher wurde der Hintergrund der Änderungsvorschläge erläutert und diese darin explizit aufgefordert, Vorschläge für erweiterte Zuständigkeiten zu benennen. In diesem Zusammenhang erfolgte teilweise eine Befassung in den Ortschaftsräten über die auch in der Presse berichtet wurde. Oberbürgermeister Dr. Müller erklärt dazu: „Ich bin der Auffassung, dass die Beachtung des Subsidiaritätsprinzips und die Entscheidung möglichst nah an den Betroffenen zu sein im Regelfall zu guten Ergebnissen führt. Zudem ist mir daran gelegen, dass das Ehrenamt der Mitglieder des Ortschaftsrates wertgeschätzt wird. Dazu gehört, dass diese tatsächlich etwas zu entscheiden haben, also substantielle Zuständigkeiten bestehen, und nur solche Angelegenheiten behandelt werden, bei denen das Ergebnis nicht aus rechtlichen Gründen vorgegeben ist. In diesem Sinne war Intention meines Schreibens, dass gerade vor Ort Vorschläge erarbeitet werden, welche Aufgaben die Ortschaftsräte zukünftig zusätzlich wahrnehmen sollen, um die vorgeschlagenen, eher die Zuständigkeit einschränkenden Änderungen zu kompensieren bzw. die bisherigen Zuständigkeiten sogar zu erweitern. Insofern bedauere ich, dass in der bisherigen Debatte vorwiegend pauschale Kritik an den Änderungsvorschlägen geäußert wurde, aber noch fast keine konstruktiven Vorschläge gemacht wurden.“

Die Verwaltung wird nun die offiziellen Rückmeldungen der Ortsvorsteher auf das Schreiben des Oberbürgermeisters abwarten und diese dann auswerten. Sollten von deren Seite keine ausreichenden Vorschläge für neue Zuständigkeiten erfolgen, so wird die Verwaltung von sich aus, Vorschläge erarbeiten.

OB Dr. Müller und die Stadtverwaltung begrüßen es, dass über die Neuabgrenzung der Zuständigkeiten intensiv diskutiert wird. Neuabgrenzungen betreffen nicht nur die Zuständigkeiten des Ortsvorstehers, sondern auch die des Gemeinderats, der beschließenden Ausschüsse und des Oberbürgermeisters. Die Stadtverwaltung hat diesbezüglich Vorschläge unterbreitet; es ist nun Aufgabe des Gemeinderates und seiner Fraktionen diese zu bewerten und zu entscheiden, bei welchen Aufgaben es einer Gemeinderatsbefassung bedarf und welche Angelegenheit von der Verwaltung in eigener Verantwortung abgearbeitet werden sollen.