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09.11.2016 - Leben im Klimawandel

Man könnte sie beneiden, die Partnerstadt von Lahr in Costa Rica. Mitten in den Tropen, auf einer Höhe von knapp 1000 Metern gelegen, genießt Alajuela das ganze Jahr über europäisches Sommerwetter. Regen gibt es nur zwischen Juli und Oktober. Dort wachsen Tropenfrüchte, Zuckerrohr und Kaffee. Der Klimawandel, so könnte man meinen, macht unseren Partnern noch nicht zu schaffen.

"Unsere Meteorologen halten das für reine Klimaschwankungen", sagt Agrar-Ingenieur Jorge Vargas, der die Auswirkungen der Erderwärmungen auf die Partnerstädte Lahr und Alajuela untersucht hat. Doch das liegt daran, dass die Wetterdaten für den Landkreis Alajuela noch nicht so lang erfasst werden. Und da jede Region des kleinen mittelamerikanischen Lands ein anderes Mikroklima hat, fehlt der wissenschaftliche Beweis für eine Verbindung mit dem Klimawandel. Fest steht aber, dass das Regenextrem "El Niño" viel häufiger auftritt als früher, ebenso wie sein trockener Gegenspieler "La Niña". Diese Häufungen sind auf den Klimawandel zurückzuführen.

Wenn er mit Bauern redet, dann hört Jorge Vargas immer wieder, wie unzuverlässig die Witterung geworden ist. Die Regenzeit kommt oft später, und wenn sie kommt, fällt der Niederschlag einer ganzen Woche oft in nur einer Stunde. So schnell können die über Monate ausgedörrten Böden das Wasser nicht aufnehmen. Der Sturzregen schwemmt die Ackerkrume weg und löst Berghänge. Die Flussbetten laufen voll, aber die Grundwasserspeicher werden nicht aufgefüllt.

Wenn das Wetter Kapriolen schlägt, fallen die Sünden der Vergangenheit ins Gewicht. In Costa Rica wurde im vergangenen Jahrhundert viel Regenwald gerodet, um Platz zu machen für die Viehzucht. Waldboden aber nimmt den Regen auf, wie ein Schwamm. Die Wurzeln sichern Hänge vor dem Abrutschen. Um sich den Klimaextremen anzupassen, wird Alajuela mit Unterstützung der Partnerstadt Lahr ehemalige Waldflächen wieder aufforsten.

Die Landwirtschaft passt sich auf ihre Weise an: Kaffeepflanzen vertragen die starke Sonnenstrahlung nicht, deshalb pflanzen die Kaffeebauern heimische Bäume zwischen die Kaffeebüsche. Im Schatten wächst der Kaffee besser, und nebenbei werden die Plantagen zu einem Hort der Artenvielfalt.

"Vom Klimawandel am meisten betroffen sind die vielen Armen", weiß Vargas, "denn sie siedeln in Gebieten, die am meisten von Überschwemmungen und Erdrutschen bedroht sind". Naturschutz und gute Sozialpolitik sind in Alajuela die beste Anpassung an den Klimawandel.

Für die Energietage 2016 hat die Stabsstelle Umwelt die Ausstellung "Wir alle sind Zeugen – Menschen im Klimawandel" nach Lahr geholt. Sie zeigt an Beispielen aus dem täglichen Leben, wie Menschen aller Kontinente die Klimaveränderungen wahrnehmen und wie sie ihnen begegnen. Zu sehen ist all dies auf der Messe Bauen. Wohnen. Leben. am Samstag und Sonntag, 12. und 13. November 2016, von 11:00 bis 18:00 Uhr. Der Eintritt ist frei.