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10.11.2022 - Städtische Gremien beraten Endbericht des Stadtentwicklungskonzepts „Lahr 2040“ kurz vor dem Abschluss

Die Stadt Lahr hat mit ihrem Integrierten Stadtentwicklungskonzept (ISEK) „Lahr 2040“ einen Leitfaden für die Zukunft erarbeitet – im November 2022 befassen sich die städtischen Gremien mit dem Endbericht.

Seit dem Sommer 2021 hat sich die Stadt Lahr damit auseinandergesetzt, wie sie ihre Entwicklung weiterhin aktiv gestaltet und wie sie die relevanten Handlungsfelder in einen kompakten Leitfaden überführt. Jetzt werden die Ergebnisse in den städtischen Gremien vorgestellt: Der Fahrplan sieht vor, zunächst alle Ortschaftsräte damit zu befassen und den Bericht in der Gemeinderatssitzung vom Montag, 21. November 2022, abschließend zu behandeln. Im Anschluss daran werden die Langfassung, die Kurzfassung sowie die Dokumentation aller Beteiligungsergebnisse auf der städtischen Website veröffentlicht.

Bei der Erstellung des Konzepts haben sich verschiedene Akteurinnen und Akteure engagiert. Neben einem Verwaltungsworkshop lag ein besonderes Augenmerk auf der Meinung der Bürgerschaft. Bei Informations- und Beteiligungsveranstaltungen sowie über digitale Beteiligungsformate konnten die Bürgerinnen und Bürger ihre Themen, die für sie wichtig sind, in den Prozess einbringen. Der Gemeinderat hat die gewonnen Erkenntnisse in einer Klausur diskutiert und die Maßnahmen, sortiert nach sieben Handlungsfeldern, mittels einer Punkteverteilung priorisiert.

Das Integrierte Stadtentwicklungskonzept „Lahr 2040“ dient als Leitfaden für die zukünftige Entwicklung der Stadt. Mit der Erarbeitung wurde die Wüstenrot Haus- und Städtebau GmbH (WHS) beauftragt. Das Ministerium für Landesentwicklung und Wohnen fördert die Erstellung des Konzepts mit einem Fördersatz von 50 Prozent im Förderprogramm „Flächen gewinnen durch Innenentwicklung“.

In der vorläufigen Fassung des Endberichts, die nun in den Gremien behandelt und diskutiert wird, zeichnen sich – nicht zuletzt aufgrund der bereits erfolgten Priorisierung durch den Gemeinderat – schon deutliche Schwerpunkte ab. „Neben der weiteren Entwicklung unserer Innenstadt als Einkaufs- und Erlebnisraum ist es für die Zukunft unseres Wirtschaftsstandorts zentral, die Innovationskraft zu stärken“, betont Oberbürgermeister Markus Ibert. „Eine leistungsfähige Infrastruktur ist hierfür die notwendige Voraussetzung. Wir wollen unsere Gewerbeflächen weiterentwickeln, gemeinsam mit den kommunalen Energieversorgern an Lösungen für die drängenden Energiefragen arbeiten und die Digitalisierung der Verwaltung ebenso wie den Ausbau des Breitbandnetzes vorantreiben.“

Lahr will zudem weiter auf Vielfalt setzen – als offene Stadt für alle Bürgerinnen und Bürger, betont Erster Bürgermeister Guido Schöneboom: „Ziel ist, das gemeinschaftliche Miteinander weiter zu stärken. Bildung und Kultur spielen hierbei eine Schlüsselrolle. Mit unseren vielseitigen Bildungsangeboten, die wir weiter stärken und ausbauen wollen, gelingt es uns schon jetzt, vielfältige und niederschwellige Zugänge für alle Bevölkerungsgruppen zu eröffnen. Unsere Schwerpunktsetzung in der Kultur werden wir weiterführen und neue, innovative Bausteine ergänzen, um insbesondere jüngere Zielgruppen anzusprechen.“

Für die Stadtstruktur ist eine nachhaltige und maßvolle Wachstumsstrategie zu entwickeln, erklärt Bürgermeister Tilman Petters: „Ein verstärkter Fokus wird hierbei auf der Gestaltungsqualität, Identitätsbewahrung und -stärkung sowie auf Nachhaltigkeitszielen wie Flächenbegrenzung und Kreislaufwirtschaft liegen. Mit dem Verkehrsentwicklungsplan, den wir weiterhin verfolgen werden, haben wir uns auf den Weg hin zur Verkehrswende in einem ländlichen Metropolraum begeben. Außerdem möchten wir dem in der Bevölkerung weit verbreiteten Wunsch nach Stabilisierung, Optimierung und Ausbau der zivilisationsgeprägten Grünräume nachkommen.“

Im Folgenden sind – nach den sieben Handlungsfeldern sortiert – die Maßnahmen, die der Gemeinderat mit hoher Priorität bewertet hat, aufgeführt und kurz erläutert.

 

Handlungsfeld: Bauen, Wohnen und Stadtentwicklung

  1. Reaktivierung leerstehender Flächen durch Leerstandsmanagement: Die Stadt Lahr ist ein zuverlässiger Partner für privat Vermietende, aktiviert das Potenzial leerstehender Wohnungen und trägt damit zum Flächensparen bei.
  2. Verdichtetes und bezahlbares Wohnen attraktiv gestalten: In Lahr wird kontinuierlich nachverdichtet, aber gleichzeitig hoher Wert auf qualitätsvolle Freiräume gelegt, um langfristig ein gutes Miteinander in der Stadt zu befördern.
  3. Alternative Wohnformen fördern und fordern: Alternative Wohnformen sollen stärker in den Fokus genommen werden. Die Stadt wird prüfen, wie sie dies besser unterstützen kann.

 

Handlungsfeld: Kultur, Freizeit und Tourismus

  1. Attraktive Veranstaltungen und Dauerangebote in der Innenstadt: Die Stadt arbeitet kontinuierlich an Konzepten für Veranstaltungen und Aktivitäten in der Innenstadt, um die Frequenz möglichst zu erhöhen. Dazu gehört auch die Attraktivitätssteigerung durch mehr Begrünung im Hinblick auf den Klimawandel.
  2. Intensivierte Nutzung des ehemaligen Landesgartenschaugeländes: Die Bürgerschaft wünscht sich eine stärkere Nutzung des Geländes mit Veranstaltungen.
  3. Modernisierung und Erweiterung der Schwimmbäder: Das ganzjährige Angebot des Schwimmens wird geschätzt, aber der Modernisierungsstau wird wahrgenommen – wäre eine Neuaufstellung in zentraler Lage günstiger?

 

Handlungsfeld: Gewerbe, Einzelhandel und Nahversorgung

  1. Förderung eines vielfältigen Einzelhandelsangebots: Eine Vielfältigkeit des Angebots wird gewünscht – können hier Leerstände in der Innenstadt mit Unterstützung der Stadt zielgerichtet aktiviert werden?
  2. Ärztliche Versorgung sicherstellen: Eine dezentrale, wohnortnahe medizinische Versorgung wird gewünscht. Die stattfindenden Konzentrationen stehen dazu im Widerspruch. Die Stadt arbeitet am Erhalt der Versorgungssituation durch ein zentrales Ärztehaus in der Innenstadt.
  3. Nahversorgung in den Stadtteilen stärken: Entgegen den landesweiten Konzentrationen wird die Versorgung vor Ort gewünscht. Bestrebungen aus den Stadtteilen werden von der Stadt unterstützt, wie derzeit das Projekt „Dienstleistung und ortsnahe Rundum-Versorgung“ (DORV) in Hugsweier.
  4. Nahversorgungsfunktion der Innenstadt wahren: Der Wunsch nach zeitgemäßer Versorgung – frisch und unverpackt – ist groß und bringt durch die Häufigkeit der Besorgungen auch Leben in die Innenstadt. Aber es braucht Handlungsträger für die Aktivitäten, da dies nicht von der Stadt übernommen werden kann.

Bei einer Fachkonferenz zum Wirtschaftsstandort wurden folgende wesentliche Ergebnisse, die das Handlungsfeld im Bereich Industrie und Gewerbe ergänzen, erarbeitet:

  • Nachhaltige Entwicklung von Gewerbegebieten und Infrastruktur: Eine zukunftsfähige Standortentwicklung erfordert eine gemeinsame Gesamtstrategie für die Gewerbeflächenentwicklung. Dabei stehen Flächeneffizienz, Mobilitätskonzepte, Aktivierung von Brachflächen, Entwicklungspotenziale für Standorterweiterungen und gezielte Ansiedlungen im Fokus.
  • Etablierung eines Innovations- und Gründerzentrums im Gewerbegebiet Rheinstraße Nord: Es sollen vor Ort professionelle Strukturen für ein Innovationsmanagement aufgebaut werden. Zielgruppen sind Gründer und Innovationsteams. Der Branchenfokus soll auf Produktion und industrienahen Dienstleistungen liegen. Neben Netzwerkaktivitäten, Beratungsangeboten und Veranstaltungen sind flexible Immobilienangebote für Startups und Innovationsteams zentrale Bausteine.

 

Handlungsfeld: Bildung, Betreuung, demographischer Wandel und soziales Miteinander

  1. Zusammenhalt als Markenkern: Der bürgerschaftliche Zusammenhalt wird von der Stadtverwaltung mit einem Bündel an Maßnahmen als Daueraufgabe unterstützt.
  2. Bildungsinfrastruktur in den Schulen verbessern: Das Schulsanierungsprogramm wird konsequent umgesetzt, damit gute Bedingungen für freudiges Lernen entstehen.
  3. Betreuungsmöglichkeiten ausbauen: Der Ausbau an weiteren Betreuungsplätzen für Kinder stellt einen Schwerpunkt in den Finanzausgaben dar und erfordert weitere große Anstrengungen, um der gesetzlichen Vorgabe entsprechen zu können.
  4. Stärkung der Jugendarbeit: Offene Angebote, Räume und Unterstützungsangebote – möglichst dezentral – tragen zur langfristigen Bindung an die Stadt bei.

 

Handlungsfeld: Mobilität und Verkehr

  1. Mobilitätskonzepte konsequent umsetzen und weiterentwickeln: Mit dem Verkehrsentwicklungsplan wurde ein umfangreiches Paket definiert, das nach Durcharbeitung in einzelnen Paketen zur schrittweisen Umsetzung ansteht und einen langen Atem erfordert.
  2. Carsharing-Angebot ausbauen: Ein Ausbau im Rahmen der Planungen zum Mobilitätsnetzwerk Ortenau soll erfolgen und wesentlich stärker vermarktet werden.
  3. Barrierefreiheit im öffentlichen Raum: Die Barrierefreiheit im Verkehrssektor erfolgt in Abschnitten, die finanzierbar und personell umsetzbar sind – Lahr ist gut dabei.
  4. Verkehrswende bei Planungen strikt umsetzen: Die Stadt hat das Durchhaltevermögen, diesen Ansatz bei allen anstehenden Veränderungen immer wieder einzubringen und so optimal wie möglich umzusetzen.
  5. Qualität und Unterhalt der Radwege: Das Rad ist ein sehr umweltfreundliches Verkehrsmittel und erhält bei der Berücksichtigung eine besondere Priorität.

 

Handlungsfeld: Klima, Energie und Umwelt

  1. Pflege und Erweiterung innerstädtischer Grünflächen: Die grünen Lungen der Stadt werden erhalten und der natürliche Abgang an Bewuchs wird regelmäßig erneuert.
  2. Umwandlung von Grünflächen in Blühwiesen: Es gilt, die Vielfalt der Grünräume zu stärken, Biodiversität genannt. Die Bevölkerung muss darüber informiert werden, um die veränderte Optik der öffentlichen Grünflächen auch zu akzeptieren.
  3. Dezentrale Wärmeversorgung als Entwicklungsmöglichkeit: Die neue Pflichtaufgabe zur kommunalen Wärmeplanung wird als Chance begriffen, um Abhängigkeiten zu reduzieren und umweltfreundliche Lösungen zu erreichen.
  4. Energetische Modernisierungen vorantreiben: Sowohl im städtischen Immobilienbereich als auch bei den Privatgebäuden sind hier große Potenziale vorhanden. Die Bedeutung ist anerkannt, kann aber nur in Stufen umgesetzt werden – finanziell und personell.
  5. Klimaneutrales Wohnquartier als Leuchtturmprojekt: Eine Voruntersuchung soll klären, ob sich dieses Projekt im Neubau oder im Bestand besser realisieren lässt. Lahr strebt an, dieses als Lernbeispiel umzusetzen.

 

Handlungsfeld: Digitalisierung

  1. Digitale Verwaltung ausbauen: Die digitalen Angebote für die Bürgerschaft werden parallel zur Digitalisierung der Arbeitsprozesse innerhalb der Verwaltung ausgebaut.
  2. Ausbau des Breitbandnetzes: Für das Wirtschaftsleben im privaten wie im professionellen Bereich ist der Ausbau unabdingbar und wird konsequent fortgeführt.