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04.01.2024 - Stellungnahme des Oberbürgermeisters und der Gemeinderatsfraktionen der Stadt Lahr zum „Alternativen Zentrum Lahr“ Für Demokratie einstehen ist Bürgerpflicht

Oberbürgermeister Markus Ibert
Oberbürgermeister Markus Ibert
Quelle: Michael Bode/Stadt Lahr
Im Dezember 2023 fragte Thomas Seitz, Bundestagsabgeordneter der AfD für den Wahlkreis Emmendingen-Lahr, bei mir als Oberbürgermeister der Stadt Lahr an, ob ich bereit wäre, anlässlich der Einweihung eines „Alternativen Zentrums Lahr“ ein Grußwort an die Versammelten zu richten. Während diese Anfrage zunächst nach einem Routineakt innerhalb der kommunalen Politik klingt, schließt eine genauere Betrachtung und Bewertung jedoch ein solches Grußwort aus. Die Fraktionen des Lahrer Gemeinderats schließen sich dieser Haltung und deren Begründung ausdrücklich an.

Entgegen ihrer Beteuerung ist die AfD kein normaler und konstruktiver Bestandteil des politischen Dialogs. Die Partei fällt bis weit in ihre Spitze hinein und weit über den sogenannten „Flügel“ hinaus immer wieder durch offen rechtsextreme und rassistische Positionierungen auf. In mehreren Bundesländern, auch in Baden-Württemberg, wird die Partei vom Verfassungsschutz beobachtet. Ihre verfassungsfeindlichen Aussagen geben seit langem den Anstoß, über ein Verbot der Partei nachzudenken. Auch das „Alternative Zentrum Lahr“ geht weit über ein lokales Wahlkreisbüro hinaus. Es soll überregionaler Treffpunkt und Schulungsraum für politische Kräfte werden, denen fundamentale Rechte in unserer Gesellschaft bis hin zur Freiheit von Gerichten und Presse ein Dorn im Auge sind.

Eine Distanzierung der Landespolitiker oder regionalen Vertreter der Partei von diesen Kräften fand nie statt. Im Gegenteil, ihre Stellungnahmen versuchen weiterhin, unsere Gesellschaft zu spalten, Menschen auszugrenzen und Zwietracht zu säen. Als Oberbürgermeister verstehe ich mich als Vertreter aller Lahrerinnen und Lahrer und zugleich als mitverantwortlich für die politische Kultur und einen respektvollen, mitmenschlichen Umgang in unserer Stadt. Es kommt für mich deshalb nicht in Frage, die Einweihung eines „Alternativen Zentrums“ der AfD durch meine Anwesenheit aufzuwerten. Ein derartiges Zentrum stellt keinen Gewinn für die politische Kultur in unserer Gesellschaft dar und ist in der Lage, in unserer Stadt und darüber hinaus Schaden anzurichten.

Gleichwohl ist die AfD, solange sie nicht verboten ist, legaler Bestandteil der politischen Auseinandersetzung. Aus diesem Grund habe ich meine Entscheidung, wie mit der Einladung umzugehen sei, nicht leichtfertig und erst nach reiflicher Überlegung und Abwägung aller Argumente getroffen. Meinen bewussten Verzicht der Teilnahme an der Einweihung sehe ich als Beitrag zu dieser Auseinandersetzung und als klare politische Stellungnahme.

Dieser Verzicht beinhaltet – das ist mir wichtig zu betonen – zugleich eine Absage an jede Form des gewaltsamen Protests gegen die Arbeit der AfD. Die demokratischen Kräfte in Lahr und darüber hinaus sind aufgerufen, sich im Schulterschluss, aber friedlich dagegen zu wehren, dass die freiheitliche Grundordnung als Basis unseres Gemeinwesens in Frage gestellt wird. Demokratischer Widerstand kann und muss entschieden und auch grundsätzlich sein, er kann und darf aber niemals zu Mitteln der Gewalt greifen. Er darf auch nicht den Dialog verweigern. Doch darf die demokratische Seite niemals den Eindruck erwecken, als verhandele man auf Augenhöhe über legitime Ziele der AfD. Rassismus und Verfassungsfeindschaft sind keine Ansichtssache. Der Dialog kann nur als standhaftes Verteidigen unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung, als Beharren auf den Lehren der Geschichte verstanden werden. Das ist unsere Bürgerpflicht!