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02.12.2020 - Objektgeschichten aus dem Stadtmuseum: Zwei Cello-Stachel Ein Cello-Stachel als Lebensretter

Die zweite Geschichte der Reihe „Objektgeschichten aus dem Museum“ beschäftigt sich mit zwei auf den ersten Blick unscheinbaren Objekten, die in der kommenden Sonderausstellung "Wer war Stroh? Werkbetrachtung zu Otto Heinrich Strohmeyer" des Lahrer Stadtmuseums zu finden sein werden: Zwei Cello-Stacheln.

Bei genauerem Betrachten fällt auf, dass der eine deutlich mehr abgenutzt ist, als der andere. Was hat es damit auf sich? Die Geschichte hinter den Celli- Stacheln führt zu Otto Heinrich Strohmeyer, dem die Instrumententeile gehörten.

Otto Heinrich Strohmeyer (1895 - 1967), gebürtiger Lahrer, war Architekt, Stadtplaner, Grafiker, Musiker und Autor und hat nach dem zweiten Weltkrieg maßgeblich als Führungskraft im Hamburger Stadtplanungsamt  den Wiederaufbau der Stadt Hamburg mitgestaltet.

Zu Schulzeiten in Lahr, etwa 1910, wurde Strohmeyer von seinen älteren Mitschülern als Musiker zu deren Burschenschaftsabenden verpflichtet. Zu Bier und Gesang sollte er mit seinem Cello für die nötige Hintergrundmusik sorgen. Da er gern Teil dieses elitären Kreises von Lahrer Gymnasiasten werden wollte, sagte er zu. Doch auch im letzten Jahrhundert war es nicht gern gesehen, wenn sich Schüler in der Öffentlichkeit betrunken aufführten. Deshalb musste die Schülerverbindung geheim bleiben. Die Treffen fanden meist außerhalb Lahrs statt. Zu einem dieser „Ausflüge“ schleppte Strohmeyer sein Cello in ein Seelbacher Lokal.

Nach einem durchzechten Abend hatten die Schüler das letzte Bähnle nach Lahr verpasst. Die Gruppe musste nach Hause laufen. Mit dem Cello bepackt und durch eine Hüftverletzung behindert, fiel der junge Strohmeyer immer weiter von der Gruppe ab. Frisch gefallener Schnee behinderte ihn zusätzlich. Seine Mitschüler hatte er bald verloren. Sie waren so laut und betrunken, dass sie sein Rufen und Fehlen nicht bemerkten. Weit nach Mitternacht war er irgendwo zwischen Seelbach und Lahr allein, stürzte immer wieder in den verschneiten Straßengraben bis ihm eine Idee kam. Auch wenn er sie unter dem Schnee nicht sehen konnte, waren da ja noch die Gleise des Bähnles. Er nahm also sein Cello und fuhr dessen Stachel aus. Damit kratzte er über den Boden bis er eine der Schienen fand. Entlang dieser schob er nun das Instrument wie einen Schneepflug vor sich her. So gelangte er trotz der Widrigkeiten zurück nach Lahr. Bis auf die Abnutzung des Stachels hatte sein Instrument kaum gelitten.

Die Ausstellung "Wer war Stroh? Werkbetrachtung zu Otto Heinrich Strohmeyer" wird voraussichtlich im Januar eröffnet.