Lahrer Zeitungen, Badische Zeitung, Lahrer Zeitung, Lahrer Anzeiger

31.08.2012 - Vom Baum vor dem Haus bis ins Weltall und wieder zurück

Beim Vermessungsamt der Stadt Lahr widmet man sich im Moment einem der größten Vorhaben der deutschen Vermessungsverwaltung: der Einführung des Amtlichen Liegenschaftskatasterinformationssystems, kurz ALKIS. Es ist eine Aufgabe, mit der die Vermessungsämter bundesweit befasst sind und für deren Vollzug die Stadt in ihrem Hoheitsbereich eigenverantwortlich zuständig ist.

Zu Beginn der ersten Katastervermessungen in Baden im späten 19. Jahrhundert wurden die Daten des Liegenschaftskatasters in von Hand kartierten Plänen und handschriftlich geführten Büchern dokumentiert. Diese Vorgehensweise blieb so, bis in den 1970er Jahren die EDV beim Vermessungswesen Einzug hielt. Seit dem werden die Daten im automatisierten Liegenschaftsbuch und der automatisierten Liegenschaftskarte vorgehalten.

Aufgabe der Vermesser in den Ämtern ist es nun, diese bisher getrennten Datenbestände zusammenzuführen. Aufgrund der Komplexität der Daten, ihrer erheblichen Menge und der zum Teil doppelten Führung ist das eine große Herausforderung. „Doch das Ergebnis, nämlich ein einheitlicher Datenbestand von höherer Qualität, der auch internationalen Anforderungen gerecht wird, ist jede Mühe wert“, weiß Katja Ivol, Leiterin der Abteilung Vermessung bei der Stadt Lahr.

Dass dieser Datenbestand nicht nur für die Fachleute selbst wertvoll ist, sondern auch ganz praktisch im Alltag Anwendung findet, sieht man fast täglich auf unseren Straßen, Wegen und Plätzen oder im freien Feld, wo die Vermesser in ihren orangen Westen durch Messinstrumente schauen. Sie messen Winkel und Strecken und können mit diesen Werten für jeden Punkt auf der Erde Koordinaten berechnen.

In den letzten Jahren hat sich neben dieser herkömmlichen Messmethode ein weiteres Messverfahren etabliert: die Satellitenvermessung. Dabei werden zwar auch Strecken gemessen, allerdings nicht zwischen Punkten auf der Erde sondern zwischen dem Messinstrument und Satelliten im Weltall. Im Gegensatz zu einem Navigationssystem im Auto, dessen Genauigkeit sich irgendwo im Meterbereich befindet, können die Satelliteninstrumente des Vermessungswesens bis auf einen Zentimeter genau rechnen.

Wofür diese Koordinaten in der Praxis gebraucht werden, zeigen zum Beispiel die Vorbereitungen für die Landesgartenschau in Lahr. Eine der ersten Aufgaben des Vermessungsamts der Stadt Lahr war die Erstellung einer topografischen Aufnahme des Landesgartenschaugeländes. Dabei wurden Bäume und Sträucher, aber auch Wasserschieber, Sinkkästen, Bordsteine, Wege - einfach alles, was sich in diesem Bereich befindet - vermessen und in einem maßstäblichen Plan mit Höhen dargestellt. Dieser Plan wurde dann als Grundlage im Wettbewerbsverfahren verwendet.

Wenn die Planungen abgeschlossen sind, ist es wieder die Aufgabe der Vermesser, die Planung in die Örtlichkeit zu übertragen. So entstehen im freien Feld Markierungen, an denen sich zukünftig Wege, Beete, Brückenpfeiler oder der Badesee befinden sollen. Ein Vermesser wird also immer dann tätig, wenn es gilt die Natur in einer Karte darzustellen oder eine Planung von der Karte in die Natur zu übertragen. Sein Aufgabengebiet geht vom Baum vor dem Haus bis hinauf ins Weltall und wieder zurück.