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14.12.2006 - Sicherheitsbedingte Baumfällungen

Untere Naturschützbehörde im Landratsamt Ortenaukreis erteilt Ausnahmegenehmigung zum Fällen von Horstbäumen der Saatkrähe

Der Bau- und Gartenbetrieb der Stadt Lahr fällt zurzeit den Pappelbestand an der Raiffeisenstraße im Industriegebiet West. Die überalterten und kranken Bäume müssen aus Gründen der Verkehrssicherheit entfernt werden. Bei einer der regelmäßig durchgeführten Kontrollen zur Sicherheit und Standfestigkeit der Bäume im öffentlichen Verkehrsraum hat sich gezeigt, dass die etwa 80 Jahre alten Pappeln eine akute Gefahr darstellen. Abgestorbene und nicht mehr standsichere Bäume bzw. Baumkronen und dürre bruchgefährdete Äste können auf Straßen und Grundstücke fallen und dort erhebliche Schäden anrichten. Daher besteht dringender Handlungsbedarf. In diesem Jahr entstand bereits ein erheblicher Sachschaden, weil eine Pappel auf ein Nachbargrundstück gefallen war.

In dem Pappelbestand im Industriegebiet West hat sich schon vor einigen Jahrzehnten eine Kolonie von Saatkrähen angesiedelt. Gemäß Bundesnaturschutzgesetz in Verbindung mit der Bundesartenschutzverordnung sind die Saatkrähe und deren Horstbäume besonders geschützt. Nach sorgfältiger Begutachtung wurde von der Unteren Naturschutzbehörde im Landratsamt Ortenaukreis aus Gründen des Gemeinwohls eine naturschutzrechtliche Befreiung zum Fällen der Horstbäume gegeben.

Da es ein Anliegen der Stadt Lahr ist die Saatkrähenkolonie in dem bisherigen Bereich zu halten und erhalten, wurden bereits seit den 90er Jahren mehr als 100 Alleebäume im Industriegebiet West gepflanzt. Des Weiteren wurde an der in der Nähe befindlichen Rheintalhalle ein schnell wachsendes Pappelwäldchen angelegt. Als Ersatz für die jetzt gefällten Pappeln wird im nächsten Jahr eine strukturierte Grünanlage mit hoch wachsenden, standortgerechten Solitärbäumen, Hecken und Gebüschen angelegt. Zusammen mit dem Anpflanzen von Gehölzen an weitgehend konfliktfreien Standorten soll eine Abwanderung der Saatkrähe in Wohngebiete vermieden werden.

In Baden-Württemberg stand die Saatkrähe (corvus frugilegus) Mitte des letzten Jahrhunderts bereits kurz vor dem Aussterben; 1957 betrug der Saatkrähen-Bestand weniger als 100 Brutpaare. Erst in den letzten Jahrzehnten kam es als Folge des gesetzlichen Schutzes an einigen Orten zu einem starken Bestandsanstieg. Ein wichtiges Zentrum des Saatkrähenvorkommens am südlichen Oberrhein ist die Stadt Lahr.

Die Saatkrähe, Vogel des Jahres 1986, scheut die Nähe des Menschen nicht und brütet in Kolonien im Stadtgebiet. Die Kolonien werden zum Teil bereits ab Januar besetzt, obwohl der Nestbau normalerweise erst Mitte Februar beginnt. Als Schlafplatz und für die Brut und Jungenaufzucht bevorzugt die Saatkrähe hohe Bäume mit großer Krone. Zur Nahrungssuche fliegt sie tagsüber zu frisch umgebrochenen Ackern, feuchten Wiesen und Weiden. Dort sucht der Rabenvogel nach Insekten, Würmern, Schnecken und auch Mäusen. Vor allem zur Brutzeit ergänzen sie damit ihre ansonsten überwiegend pflanzliche Nahrung aus verschiedenen Samen und Keimlingen.