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18.07.2008 - Lahrer Sprachlotsen berichten

Das Sprachlotsenprojekt der Volkshochschule Lahr besteht seit Juli 2005. Es lädt interessierte Einheimische, heimisch gewordene Ausländer und Spätaussiedler zu einer besonderen Art des bürgerschaftlichen Engagements ein.

Sprachliche Hilfe für Zugewanderte aus aller Welt, das sind die Sprachlotsen: Wöchentliche Gesprächskontakte, (kursbegleitende) Unterstützung beim Deutsch lernen sowie Hilfestellung beim Lesen und Verfassen von Texten. Die Sprachlotsen begleiten ihre „Schützlinge“ auch auf Ämter. Sie geben Hilfe zur Selbsthilfe. Seit 2008 gibt es verstärkten Zulauf, viele kommen in die wöchentliche Beratungsstunde. Projektkoordinatorin Doris Kalt gibt gerne Auskunft über das Projekt und vermittelt Lotsen und Lernwillige.

Beim vierteljährlichen Treffen, diesmal am 15. Juli, sind zwei Gäste vom Amt für Soziales, Schulen und Sport ihrer Einladung gefolgt. Anette Kühn, bei der Volkshochschule zuständig für Sprachen, Kultur und Länderkunde, hielt einleitende Worte. „Bei den vielfältigen Kulturen in Lahr ist ein gutes Miteinander der Institutionen und Personen, die zugewanderte Menschen bei der Integration unterstützen, wünschenswert, ja fast unabdingbar“, so Kühn. Sie hofft, auf weitere Vernetzung des Projekts mit Institutionen und eine weitere Zusammenarbeit mit den bisherigen Partnern.

Müzzeyen Ilhan, eine der Gäste, betreut seit 2006 die Beratungsstelle für Türkische Mitbürger und Mitbürgerinnen der Stadt Lahr. Sie stellt während Beratungsgesprächen die Arbeit den Sprachlotsen vor, vermittelte Kontakte gab es auch schon. Jedoch, berichtet Ilhan, viele ihrer Klienten hätten Hemmungen, in die Volkshochschule zu gehen und sich zu Sprachlotsen vermitteln zu lassen.

Eine engere Zusammenarbeit wird von beiden Seiten angestrebt, damit diesen Hemmnissen entgegen gewirkt werden kann. Ilhan erwähnt auch, sehr zur Heiterkeit der Sprachlotsen, dass viele ihrer Kunden überrascht sind, wenn sie vom Sprachlotsenprojekt hören. „Wer macht denn so etwas?“ ist die häufigste Reaktion.

Die engagierten, ehrenamtlichen Sprachlotsen tauschen während des Nachmittags vielfältige Erfahrungen aus. Martina Biegert, seit kurzem Sprachlotsin, erzählt: Sie betreut eine junge Türkin, die sehr wohl integrationswillig ist, es aber schwierig findet, Kontakte aufzubauen. Sie bedaure es, keine deutschen Freunde zu haben. Auch eine anspruchsvolle Arbeit fehlt. Von den Sprachlotsen wird auf die Möglichkeit hingewiesen, Mitglied in einem Verein zu werden. Viele sehen das als gute Möglichkeit unbeschwert Kontakte zu knüpfen.

Eine andere Sprachlotsin berichtet von ihrer Betreuten, die im Treffpunkt für Behinderte und Nichtbehinderte einen Indisch-Kochkurs angeboten hat. Der Frau hat dieses Engagement ein unheimliches Selbstbewusstsein gegeben. Die Tatsache sich, trotz einer guter Ausbildung im Heimatland, hier nutzlos zu fühlen, macht vielen Menschen schwer zu schaffen.

In diesem Zusammenhang kommt auch der Wunsch zum Ausdruck, eine Anlaufstelle für ehrenamtliches Engagement bei der Stadt Lahr einzurichten, ähnlich wie bereits in Offenburg und Freiburg. Viele Lahrer und auch Neuzugewanderte möchten sich engagieren, sind jedoch über die Möglichkeiten nicht ausreichend informiert.

Cornelia Gampper, zweiter Gast in der Runde, ist seit Oktober 2007 bei der Stadt Lahr für den Bereich Integration zuständig. Neben etlichen Ideen, die sie für die Integrationsarbeit mitbringt, berichtete Gampper über das neue Projekt „FamTische“. Das Projekt will Moderatorinnen schulen, die FamTische zu Erziehungsfragen anleiten. Eine dieser Moderatorinnen ist Sana Alyaaquubi Ahmad Hussein. Sie unterrichtet seit ihrem Einsatz bei der ersten Aktion Domino (Mai 2007) einen Schnupperkurs Arabisch der Volkshochschule. Da sie selbst einen kleinen Sohn hat, liegen ihr Erziehungsfragen am Herzen. Gampper betont, dass sie in diesem Projekt auch Möglichkeiten sieht Kontakte zu knüpfen, eben wie im Fall der jungen Frau aus der Türkei.

Beide Gäste nutzten die Gelegenheit mehr von den Sprachlotsen zu erfahren. Müzzeyen Ilhan wollte wissen, wie denn der Kontakt zwischen Lotsen und Zugewanderten entstehe. Doris Kalt, die Projektkoordinatorin, erzählte von ihren Erlebnissen. Als erstes legt sie mit den Interessierten in der Beratung die Ziele fest. Was soll im Vordergrund stehen: Sprachförderung oder z.B. konkrete Hilfestellung bei Anträgen und Formularen. Auch die Alphabetisierung von häufig kurdischen Migranten nimmt einen großen Raum ein. Anette Kühn betonte, dass Doris Kalt ein gutes Händchen bei der Vermittlung habe – die hohe Trefferquote zeige dies.

Interessierte, die in ihre Beratung kommen, nehmen oft auch an den Integrationskursen der VHS teil, benötigen aber zusätzliche Unterstützung. Für andere kommt ein Kurs aus unterschiedlichen Gründen nicht in Frage, sie möchten ihre Sprachkenntnisse trotzdem verbessern. Charlotte Verrel-Bennecke, ebenfalls Sprachlotsin, betont, dass Förderung bei der Sprache häufig beginne, sich dann aber, je nach Lebenssituation auf andere Bereiche ausdehne. Sie ist vor einigen Monaten „Sprachlotsen-Oma“ geworden. In der Zeit davor standen eher Geburtsvorbereitung, Besuch eines Kreissaals, Hebamme etc. im Vordergrund, als die „üblichen“ Sprachlotsen-Tätigkeiten. Es treten derweil auch verstärkt Nachfragen zur Hilfe beim Einbürgerungstest auf.

Das Treffen der Sprachlotsen und ihren Gästen wurde gemeinsam mit einem kleinen Imbiss, bei dem weitere Erfahrungen ausgetauscht wurden, beendet.

Die Volkshochschule Lahr unterstützt alle Sprachlotsen in ihrer Arbeit durch direkte Beratung, Fortbildungsangebote zum Ehrenamt und bereitgestellte Materialien. Gefördert wird das Projekt seit 2007 vom Rotary Club Lahr. Aktuell gibt es 25 Sprachlotsen, von denen 16 aktiv sind.
Weitere Informationen erhalten Interessierte in der Volkshochschule Lahr. Doris Kalt bietet die Beratungsstunde immer mittwochs von 15 bis 16 Uhr an. Telefonisch ist sie in dieser Zeit unter 07821/918-117 erreichbar. Auskünfte erteilt auch Anette Kühn, Tel. 07821/918-112.