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27.07.2010 - Lahr erhält den European Energy Award

Geschwitzt hat das Energieteam um Manfred Kaiser, dem Umweltbeauftragten der Stadt Lahr, während des Audittermins am 15. Juli 2010 nur wegen des heißen Sommerwetters und nicht wegen der beharrlichen und detaillierten Überprüfung der zusammengestellten Daten und Informationen durch den unabhängigen Prüfer. Nach acht Stunden war dann der Auditor Leonard Meyer von der EEA-Geschäftsstelle in Berlin am Ende seines Fragenkatalogs angelangt. Er zeigte sich erfreut über die sorgfältige inhaltliche Vorbereitung und die ausführliche Beantwortung seiner Fragen und Stichproben durch das Energieteam. Gab es bei der letzten internen Bewertung durch den EEA-Berater Rigobert Zimpfer von der Ortenauer Energieagentur eine Zielerreichung von 59 Prozent, so gibt es jetzt sogar 60,9 Prozent. Aufgeteilt auf die sechs einzelnen Bereiche: Kommunale Entwicklungsplanung und Raumordnung 51 Prozent, Kommunale Gebäude und Anlagen 68 %, Versorgung und Entsorgung 45 Prozent, Mobilität 67 Prozent, interne Organisation 68 Prozent und Kommunikation und Kooperation 66 Prozent.

„Mit der erfolgreichen Zertifizierung werden die energiepolitischen Aktivitäten der Stadt Lahr gewürdigt. Die hohe Auszeichnung ist für uns aber auch ein Ansporn weiterhin aktiv im Klimaschutz zu sein“, so Oberbürgermeister Dr. Wolfgang G. Müller und erläutert, „Klimaschutz ist gewiss nicht umsonst zu haben, aber die Investitionen sind größtenteils schnell rentabel und als Investition in unsere Zukunft ohnehin gut angelegt. Denn die Nutzung erneuerbarer Energieträger und die Steigerung der Energieeffizienz sind nicht nur gut fürs Klima, sondern bringen langfristig mehr Unabhängigkeit von fossilen Energieträgern, bedeuten mehr regionale Wertschöpfung und neue Arbeitsplätze und sichern unsere Lebensqualität nachhaltig.“

Als eine der ersten südbadischen Kommunen nimmt Lahr seit 2006 an dem vom Umweltministerium Baden-Württemberg geförderten European Energy Award teil. Damit wurde die energiepolitische Ausrichtung von Lahr maßgeblich forciert. Der European Energy Award ist ein vielfach erprobtes Steuerungs- und Controllinginstrument für die kommunale Energiepolitik. Im Mittelpunkt des Verfahrens steht das fach- und bereichsübergreifende Energieteam das vom Umweltbeauftragten Manfred Kaiser geleitet wird. Das Energieteam, bestehend aus der Verwaltung und den Vertretern des Gemeinderates ist zuständig für die Durchführung der Bestandsaufnahme, die Ausarbeitung von Projekten und die Erarbeitung und regelmäßige Anpassung des Energiepolitischen Arbeitsprogramms.

„Die Erfassung der Vielzahl der Daten und Informationen war für das Energieteam sehr aufwendig, aber schon in dieser ersten Phase konnten wir gleich Maßnahmen umsetzen, so z.B. der Einsatz von Ökostrom oder die Aufnahme von ökologischen und sozialen Kriterien bei der Beschaffung. Leuchtturmprojekte wie der Neubau der Mensa der Schutterlindenbergschule, die Erweiterung und Sanierung des Max Planck Gymnasiums zur Ganztagesschule, das Bürgerhaus Mietersheim sowie die mit 3,2 Millionen Euro veranschlagten energetischen Sanierungen im Rahmen des Konjunkturprogramms 2 des Bundes entsprechen der klaren politischen Zielsetzung der Stadt Lahr.“, so Bürgermeister Langensteiner-Schönborn. „In den nächsten beiden Jahren geht es vor allen Dingen um die Umsetzung des umfangreichen und ehrgeizigen Maßnahmenplanes, der auch in den Folgejahren unter der Leitung des Umweltbeauftragten kontinuierlich fortgeschrieben werden muss.“

Der Maßnahmenplan 2010/11 wurde im Juni dieses Jahres vom Gemeinderat einstimmig beschlossen und umfasst über 90 vielfältige Maßnahmen. Die Bandbreite reicht von einfachen organisatorischen Verbesserungen und der Festschreibung von internen energierelevanten Regelungen über planerische Festsetzungen bis hin zu umfangreichen Sanierungskonzepten. Besonders wichtig für die zukünftige Energiepolitik der Stadt Lahr ist die Erarbeitung eines aktuellen Leitbildes mit qualifizierten und quantifizierten energie- und klimapolitischen Zielsetzungen als Grundlage künftiger Handlungskonzepte. Aber nicht nur verwaltungsinterne Maßnahmen und Aktivitäten sind wichtig, sondern auch Maßnahmen mit dem lokalen Handwerk und der Wirtschaft, den Kirchen, den Vereinen und den Bürgern. Diese Ebene der Umsetzung von Maßnahmen in die Praxis ist bedeutend, denn gerade hier kann die Stadt Lahr sich als wichtiger Multiplikator für Klimaschutzmaßnahmen im privaten und gewerblichen Bereich einsetzen. Und es ist notwendig, dass jeder in Lahr seinen Beitrag zum Klimaschutz leistet. Denn ein globales Problem wie der Klimawandel hat lokale Folgen, aber auch lokale Ursachen und für die sind alle mitverantwortlich.

Oberbürgermeister Dr. Wolfgang G. Müller: „Die Auszeichnung der Stadt Lahr mit dem European Energy Award zeigt außerdem, dass die Festlegungen der Gemeinderatsklausuren auch in die Praxis ungesetzt werden. In den "Langenharder Perspektiven" vom Juli 2008 hatte der Gemeinderat erklärt, "soziale, wirtschaftliche und ökologische Ziele gleichberechtigt zu verfolgen." Der Einsatz der Stadt Lahr zeigt eindrucksvoll, die hohe Wertigkeit und Gleichberechtigung, die der Gemeinderat der ökologischen Energiepolitik beimisst. Die Zertifizierung zeigt darüber hinaus, wie vernetzt und erfolgreich die Stadtverwaltung Lahr arbeitet.“

HINTERGRUNDINFORMATION

European Energy Award®

Der European Energy Award® (EEA) ist ein vielfach erprobtes Steuerungs- und Controllinginstrument für die kommunale Energiepolitik, mit der systematisch alle energierelevanten Aktivitäten erfasst, bewertet, geplant, gesteuert und regelmäßig überprüft werden, um Potentiale des nachhaltigen Klimaschutzes zu identifizieren. Er umfasst die Verfahrensschritte „Analysieren – Planen – Durchführen – Prüfen – Anpassen”, die durch die Zertifizierung und Auszeichnung ergänzt werden. Als ein von der Europäischen Union gefördertes Qualitätsmanagementsystem unterstützt es die Kommunen dabei ihre Stärken, Schwächen und Verbesserungspotenziale zu identifizieren und energieeffiziente Maßnahmen umzusetzen. Der EEA ist außerdem auch eine europaweite Auszeichnung für kommunales Engagement im Bereich Energieeffizienz und Klimaschutz. In Baden-Württemberg beteiligen sich inzwischen 50 Kommunen, in Deutschland 200 und in Europa über 580.

Das Verfahren zum EEA besteht aus einer Bestandsaufnahme und einer Erarbeitung potenzieller zukünftiger Maßnahmen zur Energieeinsparung und zum Klimaschutz in sechs Handlungsfeldern:
· Kommunale Entwicklungsplanung und Raumordnung,
· Kommunale Gebäude und Anlagen,
· Versorgung und Entsorgung,
· Mobilität,
· Interne Organisation sowie
· Kommunikation und Kooperation.

Zuständig für die Durchführung der Bestandsaufnahme, die Ausarbeitung von Projekten und die Erarbeitung und regelmäßige Anpassung des Energiepolitischen Arbeitsprogramms ist das kommunale Energie-Team. Das Energie-Team in Lahr wird vom Umweltbeauftragten geleitet und besteht im Wesentlichen aus Vertretern der Bereiche: Bauverwaltung, Hochbau, Tiefbau, Stadtplanung, Bauordnung, Haupt- und Personalamt und Stadtkämmerei. Unterstützt wird das Energie-Team durch einen für den EEA akkreditierten Berater der Ortenauer Energieagentur.

Zentrales Werkzeug für den EEA ist der Maßnahmenkatalog (Audit-Tool) der rund 100 Maßnahmen energiepolitischen Handelns umfasst, die sechs kommunalen Handlungsfeldern zugeordnet sind. Der Maßnahmenkatalog dient als Checkliste zur Bestandsaufnahme (Ist-Analyse) und als Planungsinstrument zur Festlegung des Energiepolitischen Arbeitsprogramms der Kommune.

Zur Bestandsaufnahme werden mit Hilfe des Maßnahmenkatalogs die bisher durchgeführten Maßnahmen und geplante Aktivitäten erfasst und bewertet. Die 100 Prozent Marke der maximal zu erreichenden Punkte wird dabei unter Berücksichtigung der spezifischen Rahmenbedingungen der jeweiligen Kommune individuell festgelegt. Eine Voraussetzung zur Zertifizierung ist, dass mindestens 50 Prozent der möglichen Punkte erreicht werden.

Ausgehend von den Ergebnissen der Bestandsaufnahme erfolgt die Erstellung des Energiepolitischen Arbeitsprogramms. Das Energie-Team konnte anhand der Bestandsaufnahme noch nicht ausgeschöpfte Potenziale identifizieren und Maßnahmen und Projekte erarbeiten, mit denen sich die Stadt Lahr in den sechs Handlungsfeldern verbessern kann. Dieser verwaltungsinterne Entwurf wurde bei zwei Workshops mit Vertretern des Gemeinderates intensiv diskutiert und später im Umweltausschuss, im Technischen Ausschuss und im Gemeinderat jeweils einstimmig beschlossen.

Das Energiepolitische Arbeitsprogramm und der Maßnahmenplan 2010/11 stellen aber keine abschließende Betrachtung angestrebter Maßnahmen dar. Vielmehr werden die vorgeschlagenen Maßnahmen und Projekte kontinuierlich überprüft und angepasst. Einige der Maßnahmen wurden schon begonnen oder vorbereitet, andere benötigen noch eine Berücksichtigung in der Finanzplanung. Die weitere Umsetzung der Maßnahmen und Projekte erfolgt durch die fachlich und organisatorisch zuständigen Ämter oder Abteilungen unter der Steuerung durch den Umweltbeauftragten.