Ihr Ruf ist miserabel: Als vermeintliche Kampfgeschwader in Gelbschwarz sorgen Wespen und Hornissen nicht selten für Panik an der Kaffeetafel. Zu Unrecht, sagt Umweltbeauftragter Manfred Kaiser, und klärt auf.
Fünf Wespenstiche töten einen Menschen, sieben ein Pferd, sagt der Volksmund – und irrt gewaltig. Ja, schmerzhaft sind sie, die Stiche von Bienen, Wespen oder Hornissen. Normalerweise reicht es aber, den Stachel mit einer Pinzette zu entfernen; eine Zwiebel, Eis oder Zitrone auf die Einstichstelle gelegt lindern den Schmerz. Gefährlich kann es werden, wenn Kleinkinder oder Allergiker gestochen werden oder bei einem Stich in die Mundhöhle. Dann sollte man den Arzt aufsuchen oder – bei einem allergischen Schock – den Rettungsdienst rufen.
Etwa zwei bis vier Prozent der Menschen bilden nach mehreren Stichen eine Insektengiftallergie aus, die in seltenen Fällen heftig verlaufen kann. Solche Allergiker sollten daher in der „Flugsaison“ stets ein Gegenmittel mit sich tragen. Der Umweltbeauftragte der Stadt Lahr relativiert jedoch: „Die Wahrscheinlichkeit, nach dem Wespenstich an einem allergischen Schock zu sterben, ist ähnlich gering wie die, von einem Blitz tödlich getroffen zu werden.“
Insekten sehen schlecht
Warum lösen dann die gelb-schwarzen Brummer häufig Panik aus? „Man muss die Lebensweise der Tiere kennen“, erklärt Kaiser. „Im Spätsommer, wenn wir auf der Terrasse unseren Pflaumenkuchen genießen, haben die Wespen ihren Nachwuchs bereits großgezogen. Die Population ist nun am stärksten – und in der Nähe des Wespennests reicht die Nahrung kaum noch aus. Die Arbeiterinnen verlassen jetzt das sichere Nest und haben schlicht Hunger. Süßes und Obst, aber auch Fleisch sind ihnen ein willkommener Leckerbissen.“
Weil die Insekten schlecht sehen, umschwirren sie interessante Objekte zunächst ausgiebig. Das wird häufig als Angriff fehl interpretiert, sagt Kaiser. „Wenn Sie jetzt versuchen, das neugierige Tier durch hektische Bewegungen zu vertreiben, setzt die Wespe Stoffe frei, die den Artgenossen Gefahr signalisieren: SOS, kommt vorbei und helft mir.“ Also besser ruhig bleiben und die hungrigen Tiere weglocken – beispielsweise mit einem Cola-Orangensaft-Gemisch, an dem sie sich in sicherer Entfernung zum Kaffeetisch laben können. Oder durch eine duftende Verteidigung: Bergamotte- und Nelkenöl oder eine mit Gewürznelken gespickte Zitrone vertreiben Wespen, denn den Geruch mögen sie nicht. Im Übrigen gilt: Nicht barfuß über eine Wiese mit Fallobst laufen, Essen und Getränke bei „Wespenalarm“ abdecken beziehungsweise mit einem Strohhalm trinken. Bei Kindern sollte nach dem Essen der Mund abgewischt werden, um die Wespen nicht anzulocken.
Friedliche Riesen
Hornissen haben wegen ihrer Größe bei vielen Menschen ein noch schlechteres Image als ihre kleineren Vettern. Dabei sollten Gartenbesitzer über jede Hornisse dankbar sein, gehören doch Wespen zu ihrem Leibgericht! Überhaupt sind Wespen und Hornissen fleißige Insektenjäger. Unter Förstern gelten Hornissen sogar als „Hygienepolizei“, weil sie eine wichtige Rolle bei der Bekämpfung von Schädlingen spielen.
Wespen, Hornissen und auch Hummeln sind selten geworden. Deshalb schützt sie der Gesetzgeber. Wer diese Tiere stört oder gar tötet, muss mit einer Geldbuße rechnen. Auch wenn ein Nest in unmittelbarer Nähe von Fenstern oder auf der Terrasse hängt, darf dieses nicht einfach zerstört werden. Meist genügt es, den eigenen Lebensbereich – etwa Fenster und Türen oder einen Laufweg – mit Fliegengaze abzuschirmen. „Wo von Hornissen oder Wespen wirklich eine Gefahr ausgeht und ein Nest entfernt werden soll, muss unbedingt ein Fachmann zurate gezogen werden. Er kann die Tiere fachgerecht umsiedeln“, so der Umweltbeauftragte Kaiser. Hornissennester dürfen nur mit Genehmigung der Naturschutzbehörde beseitigt oder umgesiedelt werden. Ansonsten gilt: Im Abstand von drei bis vier Metern sollte das Nest nicht gestört werden – dann klappt’s auch mit den gelbschwarzen Nachbarn.
Wespen, Hornissen und Co. bewohnen ihre Nester nur eine Saison. Das Problem mit den ungebetenen Fluggästen erledigt sich daher im Herbst ganz von selbst. Man kann das alte Nest dann gefahrlos entfernen. Damit nicht nächstes Jahr an gleicher Stelle wieder ein Nest gebaut wird, empfiehlt es sich die Stelle gut zu säubern, denn die Insekten orientieren sich am alten Geruch. Übrigens sind nur zwei der über 600 Wespenarten aufdringlich am Kaffeetisch und im Biergarten: die Gemeine und die Deutsche Wespe. Entgegen der landläufigen Meinung sind die bis zu vier Zentimeter langen Hornissen keineswegs aggressiver, sondern, im Gegenteil, äußerst friedfertig. Störenfrieden fliegen sie lieber aus dem Weg – solange niemand ihrem Nest zu nahe kommt.
Bei Problemen mit einem Wespen- oder Hornissennest ist nicht die Feuerwehr der richtige Ansprechpartner, sondern der ehrenamtliche Fachberater für Hornissen- und Wespenfragen, Lothar Krikowski (Tel.: 07822/4714).