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24.09.2012 - EU Förderprojekt „Code 24“ mit 350.000 Euro für Entwicklung multimodales Güterverkehrszentrum in Lahr bewilligt

OB Dr. Müller: „Die Aufnahme von Lahr in das EU-Projekt Code 24 am 21./22. September 2012 in Genua bestätigt die Standortqualitäten und Potenziale, die wir bieten können. Im Team mit den Häfen Rotterdam und Genua, den Regionalverbänden, Hochschulen und weiteren Fachleuten spielen wir nun eine wichtige Rolle zur Verlagerung der Güter von der Straße auf die Schiene. Mit Lahr und dem startkLahr-Areal besteht die Chance, für den wichtigsten Schienenkorridor auf der Nord-Südachse, u.a. eine Lösung für den Alpentransitverkehr zu entwickeln. Das ist eine Chance für die Region, das Land Baden-Württemberg und die Verkehre in Europa. Wirtschaftliche Wertschöpfung mit einem umweltschonenden Vorbildcharakter für die Zukunft der Güterverkehre stehen hierbei im Vordergrund.“

Neben dem Regionalverband und der IHK Südlicher Oberrhein hat insbesondere Verkehrsminister Herrmann seine Unterstützung mit Schreiben vom 20. September 2012 an OB Dr. Müller deutlich gemacht: „Um eine Kapazitätserhöhung zu erreichen, bedarf es eines optimierten Einsatzes der Verkehrsträger Straße, Schiene und Wasser ... Ich bin der festen Überzeugung, dass ein Güterverkehrszentrum Lahr hierfür einen wichtigen Beitrag leisten und dem kombinierten Verkehr wichtige Impulse geben kann. In einem dicht besiedelten Land wie Baden-Württemberg sind die in Lahr vorhandenen Rahmenbedingungen hervorragend, und ich bin froh darüber, dass die Stadt die damit verbundenen Chancen auch nutzen möchte. Ich sehe der Entwicklung eines leistungsfähigen Güterverkehrszentrums in Lahr zuversichtlich entgegen und kann Ihnen versichern, dass das Land die Stadt Lahr auf dem weiteren Weg auch künftig konstruktiv begleiten wird.

Unter dem Titel „One Corridor – One Strategy“ zielt das Projekt darauf ab, die Wirtschafts-, Verkehrs-, Umwelt- und Raumentwicklung entlang der transeuropäischen Verkehrsachse (TEN-T) Nr. 24 von Rotterdam nach Genua zu einer integrativen Gesamtstrategie zu vereinen.

Bei der Halbjahreskonferenz von „Code 24“ in Genua haben Bürgermeister Karl Langensteiner-Schönborn, Geschäftsführer Markus Ibert vom StartkLahr Airport und Businesspark Raum Lahr sowie Dieter Singler, Abteilungsleiter bei der Stadtkämmerei, die Aufnahme zum EU Interreg IV B-Förderprogramm „Code 24“ erhalten. Sie präsentierten dabei auch schon erste erfreuliche Ergebnisse zu den Potentialen am Standort Lahr.

Seit 2010 arbeiten die Teams von „Code 24“ in vier Arbeitspaketen mit 16 Projekten an der gemeinsamen Entwicklungsstrategie zur Optimierung und Weiterentwicklung des Güterverkehrskorridors unter der Leitung des Lead-Partners Verband Region Rhein-Neckar. Mit einem von 6,7 Millionen auf 7,97 Millionen Euro gesteigerten Budget wurde das Förderprojekt bis Ende 2014 mit den neuen Partnern Stadt Lahr - mit StartkLahr als Subpartner - dem Hafen Straßburg sowie der Stadt Mannheim, sowie dem Subpartner Hafen Mannheim aufgenommen.

Den vier Arbeitspaketen „Koordinierte Raum- und Infrastrukturentwicklung“, „Umwelt und Lärm“, „Gütertransport und Logistik“ sowie „Kommunikation und Akzeptanz“ sind die jetzt insgesamt 18 Projekte zugeordnet. Die Stadt Lahr und startkLahr sind mit Ihrem Projekt „Multimodaler Netzwerkknoten“ im Bereich Gütertransport und Logistik unter der Leitung von Prof. Dr. Drewello von der Hochschule Kehl angesiedelt. Darüber hinaus engagiert sich die Stadt Lahr in den weiteren Projekten, so dass ein intensiver Austausch zur Raumentwicklung, zu Umwelt und Lärm, sowie Kommunikation und Akzeptanz einen ganzheitlichen Charakter ermöglicht.

Als Baustein für ein integriertes Verkehrskonzept Baden-Württemberg bietet der Standort Lahr optimale Voraussetzungen die es gilt in den kommenden Jahren weiter zu entwickeln. Im Rahmen der Studie wird die Stadt Lahr mit ihren Partnern drei Untersuchungsmodule angehen.

a)Regionalökonomische Einordnung des Logistikleistungszentrums Lahr (LLZ)

Im ersten Modul geht es um eine raumordnerische Knotenbildung und regionale Wertschöpfungspotenziale. Es soll dargestellt werden, wie das LLZ Lahr als Logistik-Hub in das Gesamtnetz der Magistrale Rotterdam – Genua eingebunden werden kann. Die räumlichen Wirkungen in die Region sollen untersucht werden. Es soll Stellung genommen werden u.a. zu folgenden Aspekten:

  • Unmittelbar einzubeziehende Verkehrsträger und Vernetzung mit anderen Verkehrsträgern (z.B. Rheinhäfen, Black Forest Airport; jeweils in grenzüberschreitender Sicht)
  • Transport-/Umschlagfunktionen in Szenarien (z.B. unbegleiteter/begleiteter kombinierter Verkehr, Containerverkehre, Wechselverkehre zur Luftfracht)
  • Zusammentragen von überregionalen Zusammenhängen und Auswertung von Nachfragekennzahlen
  • Darstellung der regionalökonomischen Effekte durch Untersuchung der regionalen Auswirkungen und Wertschöpfung



Als Ergebnis dieses Arbeitsschrittes soll eine Empfehlung formuliert werden für die Zielsetzungen eines Terminals im Kontext des Logistikleistungszentrums Lahr. Des Weiteren soll hiermit ein Anforderungskatalog verbunden werden, welche Verkehrsverbindungen, in welcher Ausbaustufe direkt notwendig sind.

b) Technische Anbindung des LLZ Lahr (Verkehrsanbindung und Modalsplitt)

Im Modul 2 ist die konkrete Anbindung an die Rheintalbahn im Hinblick auf die technische und funktionale Machbarkeit einer Güterumschlagsanlage sowie die mögliche Flächenfixierungen wesentlicher Untersuchungsgegenstand.

  • Erschließungsnotwendigkeiten resp. –möglichkeiten der Straße,
  • Voraussetzung des Eisenbahnbetriebes mit Richtungsgleisen, anzustrebenden Längen von Ladeeinrichtungen und Anbindungen an die Eisenbahn,
  • Grobeinschätzung der Umweltverträglichkeit,
  • derzeitige Flächenverfügbarkeit und Nutzung,
  • Umfeld des Terminals mit begleitender Nutzung wie Speditionen, Gewerbebetriebe etc. im Sinne der Optimierung der Wertschöpfung



Auf der Basis der entwickelten Größen- und Bedarfsermittlung (nach a) wird eine Fläche zu definieren sein, die für ein Terminal grundsätzlich geeignet wäre. Vor Ort soll eruiert werden, wie eine solche Anlage in ein bestehendes Konzept von Industrie- und Gewerbeflächen eingepasst werden kann.

c) Umschlagstechniken und betriebswirtschaftliche Analyse des LLZ Lahr

Im Sinne von Machbarkeitsabklärungen soll auf folgende Aspekte Bezug genommen werden.

  • Mögliche Umschlagstechniken sowie zu erwartende Infrastrukturkosten für Investitionen und den Betrieb
  • Beschreibung der zugehörenden Logistikketten mit Einbettung in einen Airport+Business-Park
  • Anforderungen zur Betreiberschaft der Infrastruktur und Umschlaganlagen mit Anschluss an die Netze Schiene und Straße
  • Eruierung möglicher Betreibermodelle und dazugehörender Anforderungen
  • Gesamtsynthese einschließlich Wirtschaftlichkeitsbetrachtung mit Empfehlungen für die weiteren Schritte und vertiefende Untersuchungen



Wesentlich bei diesem Arbeitsschritt ist es, stufengerecht einen Überblick über die Notwendigkeiten der Anlage und die Empfehlungen zu einer möglichst einfachen, in Schritten vorzunehmenden Umsetzbarkeit aufzuzeigen. Als ein weiteres Ergebnis des Moduls 3 sollte es zu Empfehlungen kommen für einen möglichen Flächenfreihaltungsplan bis zur Umsetzung eines entsprechenden Güterterminals für den kombinierten Verkehr auf der Magistrale Rotterdam – Genua in Lahr.

In der von Ernst Basler + Partner AG Zürich durch Herrn Dr. Ralf Chaumet
gefertigten und in Genua von Bürgermeister Karl Langensteiner-Schönborn und Markus Ibert Geschäftsführer StartkLahr vorgestellten ersten Analyse wurden die ausgezeichneten Standortpotenziale belegt. Zusammenfassend können folgende Ergebnisse der Studie genannt werden:

Standortvorteil multimodales Logistikleistungszentrum Lahr

Ein potenzielles multimodales Verkehrszentrum Lahr liegt zwischen den
Schnittstellen Karlsruhe und Weil am Rhein in der Metropolregion Oberrhein; Verkehre mit Wechselbehältern und Containern (Umschlag mit Kran) aus der Region müssen deshalb auf andere Terminals ausweichen. Ein Logistikstandort Lahr kann die Lücke zwischen beiden Nachbarterminals auffüllen.

Originäraufkommen in der Region
Zu klären ist, welches Güterverkehrsaufkommen der Region für Kombinierte
Verkehre geeignet ist. Ein Logistikstandort in Lahr kann folgende
Marktsegmente eines solchen Güterverkehrsaufkommens bedienen:

  • Verbindungen mit Wechselbehältern und Containern Richtung Norden (z. B. Richtung Duisburg/Ruhrgebiet und den Nordseehäfen)
  • Infolge der Verkehrspolitik der Schweiz: Übernahme der heutigen Verbindungen der „Rollenden Landstraße“ von Freiburg Süd in Richtung Norditalien als Ergänzung zu Freiburg Süd oder als dessen Ersatz



Die engere Potentialanalyse zeigt

  • dass mit ca. 350 Umschlägen je Tag im Ein- und Ausgang gerechnet werden kann und
  • vier bis fünf Zugpaare, verteilt auf die Hauptrelationen, vorgesehen werden können.

Für einen Startzustand ist dieses Aufkommen ausreichend; neue Relationen für Verkehre mit Wechselbehältern oder Containern Richtung Süden werden noch untersucht und sind noch nicht in den obigen Überlegungen enthalten.

Alpenquerender Verkehr durch die Schweiz
Nach Fertigstellung des zweiten Basistunnels (Gotthard-Basistunnel) wird durch die Schweizer Regierung ein Verlagerungsziel von maximal 650´000 LKW-Fahrten je Jahr in der Schweiz angestrebt. Bei einem gleichbleibenden alpenquerenden Verkehr in der Schweiz müssen deshalb auf der heutigen Basis bis 2018 bzw. 2025 rund eine Million Sendungen (sprich Lastwagen) pro Jahr auf die Schiene verlagert werden; in einem gesteigerten Szenario der LKW-Nachfrage ist mit zusätzlich ca. 900´000 Sendungen pro Jahr zu rechnen.

Zum Vergleich: die heutige Rollende Landstraße (RoLa) ab Freiburg Süd befördert 100´000 Sendungen pro Jahr. In Ergänzung zum Terminal Freiburg Süd kann Lahr deshalb je nach Szenario rund eine bis zu zwei Million Sendungen pro Jahr Richtung Süden (Versand und Empfang) als Potential gewinnen.

Dies bedeutet, dass genügend Kapazitäten in Lahr für die zu verlagernden LKW-Frachten vorhanden sind.

Anlagenmöglichkeiten
Die Anordnung von Anlagen für einen Umschlag von Containern und
Wechselbehältern und eine rollende Landstraße über die Schweiz Richtung
Norditalien ist aufgrund der günstigen Längenentwicklung im Bereich des
Flughafenareals Lahr möglich. Es ist vorauszusetzen, dass die
Neubaustrecke als Güterzugtrasse autobahnparallel geführt wird.

Vorteile für die gesamte Region und international
Werden Richtung Norden gehende Verkehre auf den unbegleiteten kombinierten Verkehr verlagert, so geschieht dies in erster Linie vom Straßengüterfernverkehr: Eine reduzierte Umweltbelastung, durch CO2-Ersparnis und effiziente Transportabwicklung sind hier die Folge. Des Weiteren verbessert sich die Erreichbarkeit der gesamten
Region im Güterverkehr. Bei Einführung einer leistungsfähigen rollenden
Landstraße zusammen mit der Schweiz sind deutliche Reduktionen des
LKW-Verkehr auf der A5 zu erwarten; derjenige Teil des LKW-Verkehrs, der
als Transitverkehr durch die Schweiz fährt und insbesondere die A5 belastet
kann umweltschonend auf der Schiene abgewickelt werden.

Anlagenmöglichkeiten bestehen und es können – im Gegensatz zu den angrenzenden Terminals – Güterzüge geführt werden, die den zukünftigen Anforderungen in Europa (Zuglänge 750 Meter) entsprechen. Eine solche Leistungsfähigkeit ist in den angrenzenden Terminals nur mit sehr hohem Investitionsaufwand, wenn überhaupt, erreichbar und wird sicher zur umweltschonenden Verlagerung von weiteren LKW-Verkehren auf die Schiene führen.

Ausgehend von dieser ersten Analyse folgt nun die Ausarbeitung der Studie im Rahmen des Interreg IV B Förderprogramms.

Am 21. November 2012 findet in der Landesvertretung Baden-Württemberg bei der europäischen Union die nächste Veranstaltung zu „Code 24 – One Corridor – One Strategy“ in Brüssel statt, um die Bedeutung des Korridors Rotterdam – Genua auf europäischer Ebene zu fördern und die zukünftige Entwicklung der europäischen Verkehrspolitik zu diskutieren.