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15.12.2015 - Stadt stellt Enteignungsantrag

Bereits seit vielen Jahren bemüht sich die Stadtverwaltung vergeblich um den Erwerb eines circa 2.400 Quadratmeter großen Grundstücks im Bereich Mauerfeld, das für die Schaffung von Sport- und Parkanlagen im zukünftigen Bürgerpark benötigt wird. Konkret soll auf dem überwiegenden Teil des Grundstücks ein (Fußball-) Kunstrasenplatz entstehen. Außerdem sollen laut Planung Teile des „Hain der Philosophen“ genannten Waldsaums und des den Bürgerpark umgebenden Rundweges auf dem Grundstück entstehen.

Die Stadt hat seit dem Jahr 2010 vielfältige und intensive Aktivitäten gestartet, um das Grundstück erwerben zu können. Verschiedene Mitarbeitende der Stadtverwaltung und auch der damalige Baubürgermeister sowie der Oberbürgermeister versuchten mit dem Eigentümer in Verhandlungen zu treten. Zunächst war der Grundstückseigentümer jedoch nicht einmal zu Gesprächen mit der Stadt bereit, so dass schon seit längerer Zeit seitens der Stadt eine Enteignung nicht mehr ausgeschlossen werden konnte. Unter anderem hatte der Eigentümer sowohl mehrfache persönliche Gesprächsangebote des Oberbürgermeisters abgelehnt oder ablehnen lassen - dies auch bei persönlichen Besuchen des OB am Wohnhaus des Eigentümers. Zusätzlich hatte die Stadtverwaltung auch versucht über verschiedene Vermittler Kontakte herzustellen bzw. Angebote zu übermitteln, was schlussendlich auch nicht zielführend war. Außerdem hatte die Stadtverwaltung ein Mediationsverfahren auf Kosten der Stadt angeboten, das ebenfalls abgelehnt wurde.

Die Einschaltung eines Rechtsanwaltes durch den Grundstückseigentümer zu Beginn des Jahres hatte dann zunächst etwas Bewegung in die Angelegenheit gebracht. In Folge eines ersten Gesprächs Ende Mai wurde einvernehmlich ein Gutachten in Auftrag gegeben, das die Höhe einer Entschädigung für die Nutzung des Grundstücks durch den Pächter - eine Baumschule - bestimmte. Zudem wurden verschiedene mögliche Ersatzgrundstücke gemeinsam besichtigt. Bereits zuvor war durch den Gutachterausschuss bei der Stadt Lahr der Wert des Grundstücks festgestellt worden.

Bei einem weiteren Gespräch Ende Oktober teilten der Eigentümer und der Pächter der Fläche jedoch mit, dass sie zu den von den Gutachtern festgestellten Werten nicht zum Verkauf bzw. zur Übertragung des Besitzes bereit seien. Gefordert wurde stattdessen ein Grundstückspreis von 200.000 Euro und damit fast das Fünffache des gutachterlich festgestellten und allen übrigen Eigentümern im Bereich Mauerfeld gezahlten Quadratmeterpreises von 18 Euro pro Quadratmeter. Darüber hinaus wurde eine gegenüber dem Gutachten über 40.000 Euro höhere Entschädigung für den Pächter verlangt. Die geforderten Beträge sind für die Stadtverwaltung nicht zu rechtfertigen und eine Einigung auf dieser Basis hätte für die Stadt auch zu Nachzahlungsverpflichtungen aus den bereits abgeschlossenen Grundstückskaufverträgen in Millionenhöhe geführt. Die Forderungen waren seitens der Stadt daher nicht annehmbar. Bereitschaft über die vorgenannten Beträge zu verhandeln, bestand bei Eigentümer und Pächter nicht. Auf ein gegenüber den Gutachten verbessertes Angebot der Stadt in Bezug auf die Pächterentschädigung erfolgte keine Reaktion.

Der Gemeinderat der Stadt Lahr hat sich daher in zwei nichtöffentlichen Gemeinderatssitzungen mit der Thematik und den jeweiligen Konsequenzen intensiv auseinandergesetzt. Letztendlich blieb nach dem Scheitern der Verhandlungen nur die Alternative, das Konzept auf unabsehbare Zeit aufzugeben oder aber das Grundstück im Wege der Enteignung zu beschaffen. Die Aufgabe des Konzeptes hätte erhebliche Nachteile für die Allgemeinheit zur Folge. So würden die Verbesserungen für die in diesem Bereich angesiedelten Schulen sowie die Sportvereine in Lahr nicht eintreten. Auch die Synergieeffekte durch die Schaffung eines Sportzentrums im Lahrer Westen könnten zu einem großen Teil nicht erzielt werden. Die erheblichen Investitionen (allein im Bürgerpark nahezu 30 Millionen Euro), insbesondere in den Sporthallenkomplex würden zu einem Gutteil entwertet werden. Darüber hinaus würden der Hain der Philosophen und der Rundweg, die landschaftsgestalterisch sowohl innerhalb des Bürgerparks als auch zu den anderen Parkteilen ein verbindendes Element und einen Rahmen bilden, wesentlich in ihrer Funktion beeinträchtigt. Schließlich entstünden große Beeinträchtigungen im Bauablauf und Schwierigkeiten in der baulichen Umsetzung, aber auch zusätzliche Kosten. Der Gemeinderat hat daher einstimmig beschlossen, einen Antrag auf Enteignung zu stellen. Damit soll die Umsetzung des Gesamtkonzeptes eines intensiv genutzten Sport- und Freizeitparks mit der Schaffung eines neben Klostermatte (Ost) und Dammenmühle (Süd) dritten sportlichen Zentrums im Westen der Kernstadt ermöglicht werden. Dieses Konzept war im Bebauungsplan Bürgerpark festgeschrieben worden, so dass der Bebauungsplan in Verbindung mit dem Baugesetzbuch nun die Grundlage der beantragten Enteignung bildet. Bereits vor Erlass des Bebauungsplanes Bürgerpark hatte der Bebauungsplan „Mauerfeld West“ aus dem Jahr 1979 für das Grundstück eine öffentliche Grünfläche mit sportlicher Nutzung festgesetzt.

Gleichzeitig mit dem Enteignungsantrag wurde ein Antrag auf vorzeitige Besitzeinweisung gestellt. Dieser dient dazu, möglichst rasch, das heißt bis Frühjahr 2016 in den Besitz des Grundstücks zu kommen, um die Realisierung des auf dem Grundstück geplanten Kunstrasenplatzes schnell zu ermöglichen. So soll dieser wenn möglich noch im Herbst/Winter 2016/2017, spätestens aber im Frühjahr 2017 in Betrieb gehen. Dass in Lahr entsprechender Bedarf besteht, haben nicht zuletzt die Anträge verschiedener Vereine und Debatten innerhalb der Haushaltsberatungen für den Haushalt für 2016 ergeben.

Die Anträge wurden zwischenzeitlich beim Regierungspräsidium Freiburg, das als Enteignungsbehörde über sie entscheidet, eingereicht. Sollte im Laufe des Enteignungsverfahrens eine gütliche Einigung möglich sein, wäre die Stadt Lahr hierzu weiterhin bereit.